(1:19) Schreibe, was du gesehen hast, und was ist, und was nach diesem geschehen soll:

Dieser scheinbar so harmlose Vers bildet das wichtigste Kriterium für die Auslegung der Offenbarung. Er teilt diese, zusammen mit Vers 4:1 (»steig hier herauf, und ich will dir zeigen was nach diesem geschehen soll!« SL2000) in zwei Teile und bestimmt damit den chronologischen Charakter der Offenbarung.

Weiters gibt es keinen Vers, der berechtigt, im Verlauf der ganzen Offenbarung von diesem Prinzip wieder abzuweichen.

Wenn Johannes schreiben soll, was er gesehen hat, dann meint das seine gesamte Wahrnehmung, die Visionen, die er mit den Augen erfasst, samt seinen Assoziationen, die er auch in die Beschreibung einfließen lässt. Wir haben das schon in Vers 13 gesehen, wo er nicht sagt, dass er einen Menschen (Menschensohn) gesehen hat, sondern einen »der einem Menschensohn glich«. Derartige Formulierungen gibt es laufend und das zeigt, dass die Bilder eigentlich unbeschreiblich sind. Wir müssen uns daher hüten, in der Ausmalung dieser Bilder zu konkret zu werden und sie mit Bildern aus der damaligen oder heutigen Welt gleichzusetzen. Gerade deshalb aber entwickeln diese Bilder eine ungeheure Kraft in ihrer Symbolik.

Was Johannes gesehen hat, beschreibt er also eher fragmentarisch als wissenschaftlich exakt und ist eher darum bemüht seine inneren Eindrücke wiederzugeben, die ihm der Heilige Geist vermittelt. Wer das prophetische Wort, auch des Alten Testaments, kennt, bemerkt schnell, dass es in der Offenbarung des Johannes um letzte Antworten geht auf die noch offenen Fragen dieses Wortes, denn die Bilder der Propheten korrespondieren stark miteinander.

Dennoch geht es um ganz konkrete Aussagen. Nichts nebulös orakelhaftes stellt sich uns als Leser dar, sondern eine exakte Schau in die Zukunft. Es geht um Eschatologie im Besten Sinne des Wortes. Das ist die Lehre von der Vollendung der Dinge und dem Anbruch einer neuen Welt, Gottes Welt.

Die beiden Teile sind nun die sieben Sendschreiben, die das darstellen, was ist (nämlich das Zeitalter der Gemeinde) und »was nach diesem geschehen soll« (die Apokalypse) die Enthüllung dessen was Gott in Christus vollendet hat.