(1:4) Johannes an die sieben Gemeinden, die in Asia sind: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der ist und der war und der kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind.

Asia, die einstige Wirkungsstätte des Apostel Paulus durch den wohl direkt oder indirekt die meisten Gemeinden in Kleinasien der heutigen Türkei, entstanden waren, war in dieser Zeit sehr beeinflusst durch das Wirken des Johannes,

des letzten noch lebenden Apostels. Die Verbannung des Johannes ließ aber nichts Gutes erwarten, bald würde man auch noch dieser letzten väterlichen Stütze in der Erstgemeinde beraubt sein und als Weise zurückbleiben, befürchtete man wohl.

Wie muss doch die Offenbarung diesen Menschen ein Trost gewesen sein, ihnen, die wohl um die Zukunft der bedrängten und damals bereits vielfach in sich gespaltenen Gemeinde bangten. Noch war wohl kaum das zweite Jahrhundert angebrochen und alles sah eher nach einem Ende aus, als nach einem Anfang des Christentums.

Aber hier ist nun die erwartete Antwort der bangen Fragen: die Offenbarung des Johannes, das Erbe seiner Hinterlassenschaft im Auftrag Christi.

Was im Einzelnen zu erwarten sein wird, soll die Exegese ans Licht bringen. Wie ein Advokat, der den letzten Willen eines Verstorbenen genauest analysiert um ihm nur ja gerecht zu werden, haben wir dabei vorzugehen. Der Verstorbene ist Johannes, der Apostel der Liebe, aber sein Vermächtnis ist der lebendige Christus und die sieben Geister vor seinem Thron. Denn was er und die anderen Apostel unter dem Einsatz ihres gesamten Lebens in Bewegung brachten, war nicht ihr Eigenes, sie arbeiteten nur im Weinberg ihres Herrn. Gott selbst war und ist der Besitzer und er ist es der austeilt, der bestimmt, was gepflanzt und was ausgerissen wird.

Dies macht Johannes deutlich durch einen trinitarischen Segensgruß, der sich bis zum 8. Vers erstreckt. (V5). Der Segensgruß ist mit dem sehr üblichen Wunsch verbunden, Gnade und Friede mögen Leser und Hörer zuteil werden. Gnade ist die Vergebung der Sünden, die Zubilligung von Barmherzigkeit gegenüber einem Verurteilten. Dies hat der Mensch auch bitter nötig, denn niemand ist ohne Sünde gegen den heiligen Gott. Und erst aus der Gnade erfolgt der Friede: ohne Gnade kein Friede!. Deshalb gehören diese beiden zusammen. Wir wünschen oft nur den Frieden und finden ihn nicht, weil wir uns der dazu benötigten Gnade nicht bewusst werden.

Warum braucht der Mensch Gnade? Weil er ein Sünder ist, sagt die Bibel. Das heißt, er lebt in einer völligen moralischen Unzulänglichkeit, die gar nichts anderes hervorbringen kann als ein System der Gewalt und des Terrors, das Unfrieden stiftet und durch restriktive Gesetzgebung wieder mit Gewalt niedergehalten werden muss. Diese Spirale der Gewalt und Gegengewalt durchzieht die ganze Geschichte der Menschheit mit kurzen Zeiten der Gnade dazwischen, in denen es mehr schlecht als recht Frieden gab.

Denn auch für den weltlichen politische Frieden gilt, wenn immer er wirksam wird, hat er etwas mit der Überwindung von Schuld durch Sühne zu tun. Unmengen von Blutopfer in Kriegen und Revolutionen waren nötig, um Menschen wieder zur Vernunft zu bringen, um dann einer oder vielleicht zwei Generationen das Schlimmste zu ersparen. Doch selbst dann, wenn die Waffen wieder gesenkt wurden, ging der Kleinkrieg des bürgerlichen Alltags weiter. Streit und Hass entstehen ja nicht auf den Schlachtfeldern, sondern in habgierigen, neidischen, feigen menschlichen Herzen und untreuen Seelen, er breitet sich aus auf Familien, Sippen und ganze Völker, bis es wieder so weit ist...

Gnade aber macht Schluss mit all dem und stiftet dauerhaften echten Frieden. Gnade und Friede – ja, von wem? Wer kann sie uns geben, als Gott, der uns in den nächsten Versen in den drei Facetten seiner Trinität vorgestellt wird. Niemand sage, dass das was nach »von dem« kommt, von jemand anderem spricht als von dem einzigen und alleinigen Gott. Er alleine ist der Ursprung unseres Heils, der Stifter der Gnaden und Vermittler des ewigen Friedens.