Ein Baum der Früchte bringt (Psalm 1)

Der erste Psalm in der Bibel ist das was im Neuen Testament die Seeligpreisung Jesu in der Bergpredigt ist. Aber er zeigt uns auch, dass ein Leben verloren sein kann. Nur der Baum der Frucht bringt ist Gott heilig.

Einleitung

Sicher habt ihr schon gehört davon, oder es sogar selber versucht, dass Menschen in Kategorien eingeteilt werden. Da gibt es die vier berühmten Temperamentsgattungen, der Sanguiniker, der Choleriker, der Phlegmatiker und der Melancholiker. Das ist eine Möglichkeit, Menschen in Typen einzuteilen. Eine modernere Variante ist, die Menschen danach zu beurteilen, wie offen sie für Veränderungen sind. Der konservative Mensch ist einer, der sich lieber an dem altbewährten orientiert, ihm gegenüber steht der moderne, dem neuen gegenüber aufgeschlossene Mensch, der auf Weiterentwicklung setzt. Es gäbe sicher noch andere mehr oder weniger sinnvolle Kategorien, die man erstellen könnte, die Frage ist nur, wie hilfreich sie wirklich sind. Werden wir einem Menschen wirklich gerecht, wenn wir ihn in solche Schubladen stecken? Oft merken wir, dass die meisten Charakteren sehr vielschichtiger sind und sich nicht so leicht typisieren lassen. Der Mensch ist keine Maschine. ein Auto kann man zum Beispiel klassifizieren, nach Marke, Modell oder Type. Aber ein Mensch entzieht sich dieser Beurteilung, weil er mit seinem freien Willen immer für Überraschungen gut ist, im positiven und negativen Sinn.

Wir sind vielleicht auch manchmal geneigt, uns gegenseitig einzuschätzen. Vielleicht nach geistlichen Kriterien. Es kann sein dass wir bestimmte Vorstellungen davon haben, was geistliche Reife ist. Wir wissen, ob jemand gläubig ist oder nicht. Wenn er es nicht ist, teilen wir ihn schon auf: in interessiert an Glaubensfragen, oder nicht. Wenn jemand gläubig ist, wollen wir beurteilen, wie weit er in seiner geistlichen Entwicklung ist. Das alles mag gelegentlich auch sinnvoll sein. Doch wir dürfen dabei nie vergessen, dass der Mensch nicht nur ein Seiender ist, sondern vor allem ein Werdender. Es ist erstaunlich welche Veränderungen in einem Menschen stattfinden können.

Wie Menschen klassifiziert werden, hängt auch immer von den Absichten dessen ab, der diese Einteilung vornimmt. Ein Firmenchef, der einen Mitarbeiter einstellen will, tut das ganz anders, als etwa eine Frau, die sich überlegt, welcher Typ Mann zu ihr passen könnte. Dass es dann innerhalb dieser Auswahl auch noch funken muss, sprich: »sie muss sich in einen von denen verlieben«, steht dann wieder auf einer anderen Ebene, denn rational ist die Sache ja nicht wirklich zu entscheiden.

Auch in der Bibel finden wir solche Typisierungen. Jesus hat zum Beispiel im Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld von vier Typen gesprochen, die ganz unterschiedlich auf den Samen des Wort Gottes reagieren. Das sind vier Typen, aber noch drastischer ist im neuen Testament das Bild vom breiten und vom schmalen Weg. Dieser teilt die Menschen überhaupt in nur zwei Kategorien ein, in diejenigen die gerettet werden und diejenigen, die verloren gehen. Jesus hat auch das Bild vom Baum verwendet und davon gesprochen, dass Bäume dazu da sind, dass sie Frucht bringen, und wenn sie das nicht tun, dann werden sie gefällt und verbrannt, um anderen Bäumen Platz zu machen. Das klingt alles sehr radikal und es ist so wie bei dem Firmenchef, der sich seine Mitarbeiter danach aussucht, ob sie für seine Firma zu gebrauchen sind oder nicht. In irgendeiner Weise, scheinen wir doch Frucht bringen zu müssen, um gerettet zu werden. Keineswegs werden wir aus Werken gerettet, aber wir werden gerettet, um gute Werke zu bringen, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir darin leben sollen. So hat das Paulus ganz nüchtern und ohne Bilder gelehrt in Eph. 2:8-10. Aber wie soll das gehen, wie bringt ein Baum Frucht? Wie werden wir das, was wir sein sollen? Das ist die Frage um die es heute geht. Und wir wollen sie uns heute durch den Psalm 1 beantworten, den wir jetzt aus der rev. Luther-Ü (1984) lesen wollen.
1 Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen / noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen, 2 sondern hat Lust am Gesetz des HERRN und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht! 3 Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, / der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht. Und was er macht, das gerät wohl. 4 Aber so sind die Gottlosen nicht, sondern wie Spreu, die der Wind verstreut. 5 Darum bestehen die Gottlosen nicht im Gericht noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten. 6 Denn der HERR kennt den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergeht.

Zwei Arten von Menschen

Eine strikte Trennung finden wir hier im 1. Psalm also alttestamentlich betrachtet zwischen zwei Menschengruppen: Die eine befindet sich im Gottesdienst im Tempel und singt diese Psalmen, an den Sabbaten und Feiertagen, um im Glaubensleben gestärkt zu werden. Die andere aber ist draußen, ihr Weg ist ohne Gott. Sie wollten nichts von ihm und leben ihr eigenes selbstbestimmtes Leben.

Dieser Psalm wurde von Moses geschrieben, er ist also wahrscheinlich nicht nur der erste, sondern auch der älteste unter den Psalmen. Wir können uns hier also die Stiftshütte vorstellen oder auch den Tempel zur Zeit Salomos, wo gläubigen Menschen hin pilgerten, um Gottes Wort zu hören. Andere blieben lieber daheim und kümmerten sich um Haus und Hof; jedenfalls war bald klar, wer wirklich seine Lust hatte am Gesetz des Herr. Wir können auch neutestamentlich an eine Gemeinde denken, denn auch da versammeln sich Menschen um das Wort Gottes, während draußen viele sind, die auch hier sein könnten, aber es nicht wollen. Es teilt sich somit die Menschheit in zwei Kategorien, die Gläubigen und die Ungläubigen. Die einen finden den Weg in die Gemeinschaft unter dem Wort, die anderen gehen ihre eigenen Wege. Sie sind nicht sonderlich interessiert an dem was da in der Kirche vor sich geht, an vielen Millionen Orten dieser Welt, wo sich Christen um die Bibel versammeln.

Nun wird hier der erste Psalm gesungen, und er ist voller Hoffnung für die welche gekommen sind und da sitzen und interessiert zuhören oder gar mitsingen. Ihnen, die ihre Lust haben am Wort Gottes, und nur ihnen, wird gesagt, dass sie daran gut tun. Sie werde bestärkt, und das ist der eigentliche Grundton des Psalmes. Es geht hier gar nicht um die Verurteilung der anderen, sondern der Tenor liegt auf der Hervorhebung dessen, was ein Leben mit Gott ausmacht, was es unterscheidet, gegenüber einem Leben ohne Gott.

Dieser Text hat mehrere Analogien zum neuen Testament, eine davon ist das »Wohl dem«, oder wie andere Übersetzungen schreiben: »Glücklich ist …«. Wir finden hier also einen Bezug zur Seligpreisung der Bergpredigt, dieser Psalm ist das alttestamentlich Äquivalent dazu, denn das ist der Schwerpunkt der Botschaft: »Wohl dem…

Die Trennung der Menschen in solche die das Heil erleben und solche, die verloren gehen, mag man schmerzhaft empfinden, aber es geht in letzter Konsequenz nicht um das was verloren ist, sondern um das was gewonnen wird. Dazu wird auch deutlich, dass es nicht an Gott liegt, ob jemand verloren geht, oder gerettet wird. Es ist des Menschen freie Entscheidung, welchen Weg er betritt. Es geht hier nicht um eine Typisierung, also um eine Feststellung, ob das Auto ein teures Luxusgefährt ist, oder ein billiger Kleinwagen aus dem Osten. Das Auto Mensch kann sozusagen sein was er will, er kann sich entscheiden, was sein Leben ausmachen und somit seinen Charakter formen soll. »Der Mensch ist das Wesen, das selbst bestimmt was es ist,« sagte der jüdische Neurologe und Psychotherapeut Viktor Frankl einmal, diese Erkenntnis hatte er ausgerechnet in den leidvollen Jahren im KZ gewonnen. Der Mensch hat die Verantwortung zu wählen, welchen Weg er beschreitet und er hat die Konsequenzen selbst zu tragen. Und diese Wege werden uns nun beschrieben als zwei grundsätzlich völlig entgegengesetzte Wege. Ebenfalls analog zum Neuen Testament finden wir also hier das gleiche beschrieben, was Jesus mit dem breiten und dem schmalen Weg ausdrücken wollte. Der Begriff »Weg« ist ja ein Synonym für die Lebensart eines Menschen und die kann nun entweder mit Gott sein, oder ohne ihn. Hier trennt das Wort Gottes als Schwert des Geistes haarscharf. Sehen wir uns also die beiden Wege einmal an.

 

1. Was zu meiden ist: (V1)

Wenn es also auch hauptsächlich um die Seligpreisung derer geht, die ein Leben mit Gott führen wollen, so wird in diesem Psalm aber auch nicht verschwiegen, was das genau bedeutet. Was die wirklichen Konsequenzen sind, wird uns an zwei Grundzügen deutlich: 1. An dem was der Gottesfürchtige Mensch um sein Glück zu schmieden meidet, und 2. an dem was er dazu sucht. Zunächst geht es um das was er meidet: Sich eben nicht dort aufzuhalten, wo an eine Verwirklichung eines Lebens mit Gott nicht zu denken ist. Hier müssen wir begreifen, dass wir nicht alles unter einen Hut bringen können. Ich habe viele Christen genau daran scheitern sehen, dass sie zwar nicht gottlos leben wollten, aber dass ihnen der Rat der Gottlosen auch nicht so egal war, dass sie wirklich mit Gott leben konnten. Denn beides lies sich auf Dauer einfach nicht vereinbaren. Und so ist der Wandel im Rat der Gottlosen, oder das Leben nach dem Rat derer die ohne Gott leben wollen, das Erste von dem was zu meiden ist, wenn man für Gott leben möchte.

1.1. Der Rat der Gottlosen.

Was müssen wir unter dem Wandel im Rat der Gottlosen verstehen? Man könnte vielleicht sagen, es ist dasjenige, dem man sich am schwersten entziehen kann, wenn man in einer gottlosen Welt lebt. Das was unsere Gesellschaft ausmacht ist nicht bestimmt vom Wort Gottes, sondern eben von diesem Rat der Gottlosen. Der moderne Lebensstil, die Art und Weise, wie wir leben sollen, wird gerade heute in einer unglaublichen Weise bestimmt von einem permanenten medialen Druck, der sich an allem anderen als an Gott orientiert. Man teilt uns mit, was angesagt ist und was nicht. Man signalisiert uns, was als allgemein akzeptiert gilt, als anerkannt, als beliebt und gesellschaftsfähig. Ein ganzes Heer an Meinungsmachern arbeitet daran, die Spielregeln der Gottlosigkeit auszuarbeiten und diesen alles zu unterwerfen. Was fördert unserer Karriere und was schadet ihr, das ist exakt festgelegt. Und es scheint, als können wir nicht vermeiden, dass wir den Rat der Gottlosen hören.

Lot, der Neffe Abrahams hatte sich einst ausgesucht, in den fruchtbaren Ebenen von Sodom und Gomorrha zu leben. Er hätte sie auch meiden können. Aber er lebte dort und aus 2. Petr. 2:7 wissen wir: »der unter ihnen wohnende Gerechte quälte durch das, was er sah und hörte, Tag für Tag seine gerechte Seele mit ihren gesetzlosen Werken.« Irgendwie war er selber schuld daran, denn er hatte sich das Leben in Sodom ja ausgesucht. Aber er war selbst gerecht geblieben und darum wurde er auch gerettet. Aber wir, sind wir nicht wie Lot gegen unseren Willen? Wo anders könnten wir leben, als in Sodom und Gomorrha, wo wir ja geboren wurden? So quält sich auch unsere Seele mit dem was wir hören, dem Rat der Gottlosen. Aber müssen wir ihm auch folgen? Nein, das müssen wir ebenso wenig, wie das Lot nicht getan hat. Nicht das hören des gottlosen Rates ist verwerflich, sondern der Wandel darin. Wer könnte uns aber dazu verpflichten, zu tun, was die Welt von uns fordert? Niemand, wenn wir es aber tun, tun wir es selbst, und zwar um materieller Vorteile willen, die uns die Welt bietet. Angepasst sein bringt scheinbar einen Anteil an dem Glück, das uns in den gleichen Medien vorgegaukelt wird, in dem uns auch der Rat der Gottlosen vorgehalten wird. Aber wir wissen, dass es ein Betrug ist. Die Glimmerwelt hält nicht was sie verspricht. Wenn wir dem Rat der Gottlosen folgen, können wir auch nur gottlos leben und das ist nicht zu unserem Wohl.

Wenn ich den Psalm richtig verstehe, dann hängt unser Glück davon ab, ob wir die Chance wahrnehmen, uns gegen den Rat der Gottlosen zu stellen. Wir müssen ihnen nicht folgen. Wir verzichten vielleicht damit auf vieles, aber nicht auf das Glück. Wir müssen nicht mit dem Strom schwimmen, wir können tun, wovon wir überzeugt sind, dass es richtig ist und uns auch gegen den Trend wenden. Die Christen der ersten Jahrhunderte taten es sogar dann, wenn dadurch ihr Leben bedroht war und viele starben tatsächlich als Märtyrer. Das wollen wir natürlich nicht, als Märtyrer sterben, aber keine Angst, Märtyrer wird nur der, den Gott dazu berufen hat und denen gibt er auch übernatürliche Kräfte, das Leid zu ertragen. Gott wusste auch den Lot zu retten, bevor er Sodom und Gomorrha richtete.

Meistens geht es ja nur um scheinbare Vorteile die uns entgehen könnten, wenn wir uns nicht anpassen. Na und? Wollen wir mit Gott leben, oder mit den Gottlosen? Von wem erwarten wir unser Glück? Diese Frage muss überlegt sein und sie verlangt eine Entscheidung von uns

 

1.2. Der Weg der Sünder

Wir müssen uns den Rat der Gottlosen also unter Umständen anhören, aber können uns gegen ihn stellen. Dieser Kampf bleibt uns nicht erspart. Aber wenn wir diesen Kampf gewonnen haben, ist das Zweite schon viel einfacher zu vermeiden, nämlich den Weg der Sünder zu betreten.

Einen Weg betritt man ja nicht, um auf ihm herumzustehen. Das ist aber eigentlich die Aussage des Wortes: »wohl dem, der nicht steht auf dem Weg der Sünder.« Vom gehen darauf ist gar nicht die Rede. Hier liegt nun eine Steigerung im Text, denn während wir den Rat der Gottlosen zwar mitbekommen, aber ihm nicht folgen müssen, weil wir in der Kraft des Geistes Gottes widerstehen können, ist es so, dass wir den Weg der Sünder gar nicht erst betreten dürfen. Darin liegt ja das Wesen der Verweigerung, wir meiden die Sünde, wir tun sie ganz einfach nicht. Diese Pfade betreten wir nicht. Wir lügen nicht, auch nicht ein wenig. Wir stehlen und betrügen nicht, auch nicht ein bisschen. Wir brechen nicht die Ehe, beleidigen niemanden, usw.

Einen Weg zu gehen ist etwas anderes, als ihn nur zu betreten, möchte man meinen. Wir könnten doch einmal, nur so ein ganz klein wenig – wir müssen ja nicht den ganzen Weg gehen – nur mal so einen Fuß darauf setzten. Achtung! Wir gefährden unser Glück. Der Weg der Sünder ist nicht einmal zu betreten, das ist die Aussage!

So manch einer dachte er hätte das im Griff. Nur ein klein wenig, das kann ja nicht so schlimm sein. Eine kleine Notlüge – im Prinzip möchte ich natürlich ehrlich bleiben; Oder nur ein kleiner harmloser Flirt – es soll ja nichts ernstes daraus werden. Doch wir wissen, wer Sünde tut, ist der Sünde Sklave. Der Weg den du betrittst ist gefährlich, denn auf ihm befindet sich ein dynamischer Strom von Menschen, die sich auf dem Weg zur Hölle befinden. Es besteht die Gefahr, von ihnen mitgerissen zu werden. Daher gilt: der Weg der Sünde wird nicht betreten, es ist gefährlich. Aber wohl dem, der ihn nicht betritt! Denn Sünde hat keine Macht über uns, wenn wir ihr keine geben. Wie lange habe ich doch gebraucht, in meinem geistlichen Leben, um das zu begreifen. Doch schließlich musste ich mir das eingestehe. Die Sünde hatte nur Macht über mich, weil ich sie ihr gab. Wenn wir uns auf ihren Weg stellen, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn sie uns mit sich fortreißt.

Nicht zu sündigen, heißt also, sich auch die Ansätze nicht zu erlauben. Wer eine Frau ansieht ihrer zu begehren, der hat die Ehe bereits gebrochen, sagte Jesus in der Bergpredigt. Erlaube es dir nicht. Du betrittst mit deinen schlechten Gedanken bereits den Weg der Sünde und weißt nicht, wohin er dich letztendlich führt.

1.3. Der Sitz der Spötter

Die Steigerung geht weiter. zu meiden ist auch unter allen Umständen der Sitz der Spötter. Hier wird alles auf die Spitze getrieben. Die destruktive Art der Gottlosigkeit setzt sich fort in einer Verächtlichmachung alles dessen, was anderen heilig ist. Das ist der Keim der Rebellion, der Anarchie. Hier entfachen sich Streit und Krieg. Hier gibt es keinerlei Achtung mehr vor Personen. Wer sich am Stammtisch der Sünder nicht gleichschalten lässt, ist selbst dem Spott ausgeliefert. Hier endet alles echte: echte Freundschaft weicht der oberflächlichen Kumpanei; echter Respekt weicht dem grölenden Applaus der dem gilt, der gerade den besten Witz gemacht hat. Überhaupt weicht echte Freude einem seichten Spaß, der immer neue Nahrung braucht und sie in der Demütigung des anderen findet. Der Andere wird zum Gegenstand der Begierde. Am Tisch der Spötter wird er vergewaltigt, ausgebeutet und unterworfen, sobald er irgendeine Schwäche zeigt. Wohl dem, der nicht hier landet.

Wer dem Rat der Gottlosen gefolgt ist, und den Weg der Sünder betreten und begangen hat, und nun am Tisch der Spötter sitzt, wird hier nicht mehr so leicht aufstehen und weggehen können. Die Anpassung hat zur Abhängigkeit geführt. Man ist gefangen in der Clique. Es gilt mit den Wölfen zu heulen, oder von ihnen gefressen zu werden. Der vermeintliche Gewinn an Freiheit und Identität hat zu deren Verlust geführt. Man ist einer geworden wie sie, man spottet und lacht über andere, um den Verlust der eigenen Würde zu überspielen.

2. Was zu suchen ist: (V2)

Das Leben eines Gottesfürchtigen Menschen aber besteht nicht in der Hauptsache darin, etwas zu vermeiden. Das Meiden des falschen Weges ist das eine. Aber damit ist man den richtigen ja noch nicht gegangen. Etwas zu meiden ist negativ, etwas zu suchen ist positiv, und daraus erst entsteht das Leben.

So wendet sich der zweite Vers dem zu, wonach der Gottesfürchtige im Gegensatz zum Gottlosen seine »Lust« hat. Dieses Wort klingt sehr profan. Es ist aber nichts weniger, als reine Freude, die jemand haben kann, daran, dass er dem nachhängt, was von Gott kommt. Ist das überhaupt möglich? Ist die Beschäftigung mit seinem Wort vergleichbar mit, zum Beispiel: dem Genuss einer guten Mahlzeit? Jesus sagte es so (Joh. 6:35): »ich bin das Brot des Lebens.« Auch Jesaja bekannte: »Dein Wort ward meine Speise, sooft ich‘s empfing, und dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost; denn ich bin ja nach deinem Namen genannt, HERR, Gott Zebaoth.«

Da ist nun einer, der redet von seinem Gesetz, Tag und Nacht. Wir dürfen hier Gesetz nicht in einem juristischen Sinne verstehen. Die fünf Bücher Moses wurden allgemein »das Gesetz« genannt. Sie sind hier gemeint und sie bestehen bei weitem nicht nur aus Geboten, sondern sie schildern sehr anschaulich die Geschichte Gottes mit seinem Volk. Das was im Alten Testament danach kommt, war zu der Zeit als der Psalm geschrieben wurde erst am entstehen und bereicherte seitdem das Wort Gottes. Dazu kommt noch, dass wir heute das neue Testament besitzen, das uns Aufschluss darüber gibt, was Gott durch Christus getan hat und wie sich die Gemeinde am Anfang entwickelte.

Wenn nun schon damals, als es außer dem Pentateuch, also den 5 Mosebüchern, nichts gegeben hat, jemand Tag und Nacht davon sprechen konnte, wie leicht sollte es uns heute fallen? Wenn wir zusammenkommen, was ist das Thema? Worüber unterhalten wir uns? Sind wir so voll von dem was uns das Wort Gottes gegeben hat, dass wir immer davon sprechen könnten? Natürlich müssen wir auch über die Dinge des Alltags sprechen, wir sind ja noch nicht in den Himmel entrückt. Aber ist es unsere Lust, wann immer wir können, uns mit dem zu beschäftigen, was das Reich Gottes ausmacht?

3. Der Erfolg

Das was uns dann im dritten Vers gesagt wird, ist nicht das, was wir suchen oder meiden könnten, sondern es ist das, was sich aus der Konsequenz daraus ergibt. Der Psalmist greift hier zu einem Bild: der Baum der an Wasserbächen gepflanzt ist. Er hat in einer orientalischen Landschaft eine absolut sichere Position.

3.1. Die Stabilität des Baumes am Wasser

Wenn wir dieses Bild betrachten, dann dürfen wir uns nämlich nicht unsere mitteleuropäische Flora vor Augen halten, sondern die mediterrane-subtropische. Bei uns muss ein Baum nicht unbedingt am Bach gepflanzt sein. Unsere von Wasser triefenden Berge und Täler können riesige Wälder ausbilden. Auch verlieren die meisten unserer Bäume ihre Blätter im Winter, was nicht weiter tragisch ist, weil sie im Sommer wieder neu austreiben.

Im Orient aber, wo die Jahresdurchschnittstemperatur um einige Grade höher liegt, und wo es keinen Winter gibt, keine Gletscher und unterirdische Wasserspeicher in großer Höhe, da war der Anblick eines verdorrten Baumes keine Seltenheit. Der Grund lag nicht im Schädlingsbefall, sondern schlicht und einfach darin, dass der Baum nicht genügend Wasser hatte. Ein heißer und trockener Sommer konnte das Aus bedeuten für einen Baum, wenn er nicht zusätzlich bewässert wurde. Seine Blätter verwelkten und wenn er das mehrere Sommer lang mitmachen musste, dann starb er schließlich ganz, ohne je Früchte gebracht zu haben. Doch wenn ein Baum an einem Wasserbach stand, dann war sein Bestand für lange Zeit gesichert. Und nicht nur sein Bestand, auch seine Fruchtbarkeit war eine Selbstverständlichkeit.

3.2. Seine Fruchtbarkeit

Hier sind wir nun bei der Kernaussage des ganzen Psalmes. Wenn jemand in der Weise mit Gott lebt, dass er das meidet, was gottlos ist, sich aber ständig Gottes Wort aussetzt, dann braucht er sich um seine Fruchtbarkeit keine Sorgen zu machen. Er wird Frucht bringen, zu seiner Zeit.

Wann die Zeit ist, das bestimmt nicht der Baum selber. Es entspricht der Natur des Baumes, wann ihm bestimmt ist Frucht zu bringen. Manche tun das im zeitigen Frühjahr. Viele im Sommer, etliche im Herbst und manche vielleicht erst im Spätherbst, wenn man es schon gar nicht mehr erwartet hätte. Aber sie bringen alle Früchte, wenn sie richtig gepflanzt sind.

Das sagt uns, dass das Bemühen um Fruchtbarkeit nicht unsere Sache sein soll. Wir denken manchmal, dass die Bibel von uns Frucht verlangt. Nein, das tut sie nicht. Sie verspricht uns Fruchtbarkeit, wenn wir im Glaubensgehorsam bleiben. Wer sich einem Leben mit Gott aussetzt, wer seine Lust am Herrn hat, der findet in Gott seinen Gärtner, der ihn dorthin pflanzen kann, wo er alles hat was sein Leben fruchtbar werden lässt.

3.3 Sein Bestand

Wir dürfen hier wirklich an einen Garten denken, durch den ein Bach fließt. Die Bäume in Israel waren ja zumeist Nutzbäume. Sie wurden in Gärten gepflanzt. Granatapfel, Oliven und Orangen und wenn jemand einen Garten hatte, der Frucht brachte, dann war er ihm wertvoll. Er hegte und pflegte ihn und wollte ihn sein ganzes Leben lang genießen.

Das Leben eines Gläubigen hat also Bestand. Es ist ein garantiertes Bestehen vor Gott, das in die Ewigkeit hineinreicht. Im Gegensatz dazu, das sagen uns die beiden letzten Verse, ist das Leben des Gottlosen wie Spreu, die der Wind verstreut. Lange Zeit kann das verdorrte Laub im Garten herumliegen. Die Bäume des Orients werfen ihr Laub ja nicht jahreszeitlich auf einmal ab, sie tauschen die Blätter nach und nach aus. Das ist der Spreu, der dann vom Wind erfasst und verweht wird. Es ist unbedeutend, was dieser Spreu macht. Eine Zeitlang liegt er herum, vielleicht sammelt er sich, vom Wind getrieben in einer Ecke, von wo er dann hervorgekehrt und verbrannt wird. Oder er wird vom gleichen Wind weit weg getragen. Wen kümmert es?

Aber, so schließt der Psalm mit diesem Gedanken in Vers 6: »Der Herr kennt den Weg der Gerechten aber der Gottlosen Weg vergeht.«

Zwei Wege, der eine führt in die Ewigkeit: denn Gott vergisst dich nicht, wenn du deine Lust gehabt hast an ihm, in diesem Leben, dann wird er es seine Lust an dir zu haben, wie an einem fruchtbaren Baum, in alle Ewigkeit.

Doch es gibt auch den anderen Weg: nicht jeder wird dort bei ihm sein. Der Baum der keine Frucht bringt wird abgehauen und wird das gleiche Schicksal haben, wie das Laub, das er ein Leben lang hervorbracht hat. Verbrannt zu Asche und Rauch und vom Winde verweht.

Wie wir gesehen haben, wird die gesamte Menschheit vom Wort Gottes in diese zwei Lager geteilt. Wer seinen Weg in diesem Leben ohne Gott leben will, der endet, gelinde gesagt, im Niemandsland. Sein Weg hat ihn ins nichts geführt, in die absolute Bedeutungslosigkeit. Es mag bequemer erscheinen, den Weg des Gottlosen zu gehen, aber es ist ein Weg in den Tod. Andererseits aber, führen wir erst ein Leben mit Gott, wenn wir an ihm unsere Lust haben. Das Vermeiden des Bösen alleine macht aus uns noch keine Menschen, die mit Gott leben. Gott gebe uns seine Erkenntnis und seinen Frieden.

Amen!