Vom Leben in der vierten Dimension

Es gibt in der Phantasie des Menschen einen uralten Wunsch, der keine Erfindung von Sciencefiction-Regisseuren darstellt, sondern schon so alt wie die Menschheit selbst ist und in jeder Magie zum Ausdruck kommt: Der Wunsch nach der Befreiung von den irdischen Fesseln, von Zeit und Raum. Das Leben in einer anderen Dimension, die alles ermöglicht und keiner Beschränkung mehr unterworfen ist. Das Leben ist ja räumlich gesehen auf drei Dimensionen festgelegt: Länge Breite und Höhe. Diese Dimensionen zu sprengen um eine vierte oder sogar fünfte ist der uralte Traum der Menschheit.

 

Was hat das aber mit uns zu tun? Keine Angst, ich werde mich hier nicht mit Magie beschäftigen und auch keine Tricks liefern, wie man die irdische Beschränkung des Leibes überwindet. Worum es hier gehen soll, ist das seelische Leben des Menschen. Auch da empfinden wir oft schmerzlich unsere Beschränktheit, aber hier müsste es nicht sein. Es gibt nämlich eine Art des Glaubens, des »Glaubens von ganzem Herzen…«, der durchaus in eine andere Dimension vorstößt, in der mehr möglich ist, als die meisten denken. Mit Hilfe dieses Glaubens ist es tatsächlich möglich die Grenzen unseres Daseins zu sprengen. Es ist »der Glaube, der Berge versetzen kann«, wie uns Jesus das zugesagt hat. Wir wollen uns heute mit diesem Glauben beschäftigen. Mit dem Glauben vom ganzen Herzen, oder wie gesagt mit dem Leben in der vierten Dimension.

Wir verwenden hierzu eine biblische Terminologie: GLAUBE und HERZ sind Begriffen die in der Bibel ganz klar definiert sind, aber in der Welt leider eine ganz andere Bedeutung haben, sowohl im volkstümlichen Sprachgebrauch, als auch in der Wissenschaft. Bevor wir aber diese unterschiedlichen Definitionen studieren, wollen wir uns gleich die ganze Tragweite des Themas vor Augen führen und lesen dazu
2. Kor. 4:6: Denn Gott, der da sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben, daß durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.

Wir müssen zugeben, dass sich dieser Vers etwas esoterisch anhört. Offenbar handelt es sich um etwas ganz Großes und Bedeutendes, wenn die Bibel von einem hellen Schein im Herzen spricht, durch welchen die Herrlichkeit Gottes auf der Welt würde sichtbar werden. Wir sind da gleich geneigt an jemanden zu denken, der etwa einen halben Meter über dem Boden schwebend durch die irdischen Niederungen gleitet. In den alten Darstellungen wurde dieses Verständnis ja angedeutet durch den Heiligenschein in der bildenden Kunst. Aber um keine falschen Vorstellungen aufkommen zu lassen, müssen wir uns den Begriffe nun wirklich genauer erarbeiten. Denn Tatsache ist, wie immer das auch praktisch aussehen mag: Gott will sein Licht in unseren Herzen scheinen lassen und zwar nicht nur für unsere einsame Glaubensidylle, sondern sichtbar nach außen, damit auch die welche nicht glauben anfangen Gott zu begreifen. Das ist es, was dieser Vers zweifellos aussagt.

1. Definition des Begriffes Herz:

1.1. allgemeine Definition

In der Psychologie: wurde der Begriff Herz ersatzlos gestrichen. Die PSYCHE meint eher die Seele, obwohl auch klar ist, dass damit nicht das gemeint ist, was die Bibel unter Seele versteht. Andere relevante Begriffe aus der Psychologie wie UNTERBEWUSSTSEIN, KOMPLEXE, MOTIVE etc. haben auch keine Deckung mit dem biblischen Begriff HERZ. Dies ist auch mit ein Grund, warum Psychologie und Seelsorge in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen. Die unterschiedliche Terminologie erschwert die Kommunikation erheblich.

Im meinem modernen Lexikon (Bertelsmann 1976), das den Begriff eher volkstümlich interpretiert, steht unter dem Stichwort Herz: »Symbol für den Sitz der Seele, des Gefühls, das Innerste des Menschen, der Mittelpunkt der Persönlichkeit.« Dies ist alles, danach folgen 2,5 Seiten über die Blutpumpe. Ach ja, die gibt es ja auch noch – das Herz als körperliches Organ, das den wichtigen Strom des Lebens, das Blut in Bewegung hält und den so lebenswichtigen Sauerstoff bis an die äußersten Zellen unseres Leibes transportiert. Wie wichtig dieses Organ ist, wird jedem bewusst, der schon einmal Durchblutungsstörungen gehabt hat. Die können bis dahin führen, dass sich ein Glied des Körpers verabschiedet, indem es taub und gefühllos wird und im schlimmsten Fall wohl sogar amputiert werden muss, weil seine Verbindung zum Herzen unterbrochen ist und kein Blut mehr fließt. Sicherlich ist dies eine starke symbolische Aussage auch für das immaterielle Herz des Menschen. Aber alles in allen zeigt uns das Lexikon doch deutlich die zeitgeistige Verschiebung der Wertigkeit hin zum materiellen Denken, wenn für das medizinische Herz zweieinhalb Seiten zur Verfügung stehen und für den »Mittelpunkt unserer Persönlichkeit« nur ein Satz! Wird da nicht etwas grob vernachlässigt?

Aber nun wirklich mal dem Volk auf’s Maul geschaut. Da müssen wir erkennen, daß die Mehrheit der Menschen bei HERZ wohl nur an »Herz-Schmerz, Verliebtsein, Enttäuschungen …« denkt, bei »Herzlichkeit« an ein freundliches Wesen und ein »herzensguter Mensch« ist so eine Art Weichei, von dem man alles haben kann. Es geht offensichtlich nur um das GEFÜHLSLEBEN des Menschen. Folgerichtig wird »Herzlosigkeit« als Gefühlslosigkeit verstanden.

1.2. Biblische Definition

In Eph. 3.17 lesen wir: »… daß Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid.«
Hier spricht das Wort Gottes von einem Ort in unserem Innersten, an dem uns Christus begegnen will. Ein Raum im Innersten unserer Wohnung, der dem Intimen vorbehalten ist. Früher hatten reiche Leute ein Empfangs¬zimmer für Gäste. Wer mit uns gut befreundet ist, den würden wir in unser Wohnzimmer bitten, das ist jener Raum in dem wir uns gerne präsentieren. Ein Blick in das Wohnzimmer eines Menschen kann sehr viel über ihn verraten und besonders am Sonntag wenn wir Besuch erwarten ist er schön aufgeräumt und gemütlich, wir wollen uns schließlich von unserer besten Seite zeigen. Aber es gibt noch einen Raum in deinem Leben, der offenbart auch das geheimste innerste deiner Seele, den würdest du nicht ohne weiteres jedem zugänglich machen. Es ist dein Herz. In diesen Raum will Jesus es sich gemütlich machen, da will er wohnen. Und in diesem Vers sehen wir auch schon, was dies bewirkt. Es ist von der Liebe die Rede, die sich in unserem Leben ausbreitet, in der wir gegründet und eingewurzelt sind, sodass uns kein Sturm des Lebens so schnell wieder davon fortreißen kann.

Nun ist der Schein in unserem Herzen von dem wir vorher gelesen haben, auch gar nicht mehr so etwas Mystisches, zumindest nicht, wenn wir Liebe als konkretes wohltätiges Handeln verstehen, oder noch besser gesagt als radikale Änderung unserer Lebensweise in dieser Welt. Damit muss sich auch nicht unser Äußeres ändern oder unsere Gebärde, sondern unser tatsächliches Verhalten zu den anderen Menschen. Denn davon sprechen ja die Apostel immer wieder in ihren Briefen an die Gemeinden, die Gemeinschaft der Gläubigen an den verschiedenen Orten.

Ein weiterer Vers, der den Glauben in Verbindung bringt mit unserem Herzen ist Rö. 10:10:
Denn wenn man vom Herzen glaubt, wird man gerecht; und wenn man mit dem Munde bekennt, wird man gerettet.
Der evangelischen Lehre vom seligmachenden Glauben ohne irgendwelches hinzutun von Werken hängt immer der Geruch des Missbrauchs der Gnade Gottes an. Aber das ist ein Missverständnis, denn die Bibel sagt ganz eindeutig, dass nur der Glaube vom ganzen Herzen gerecht macht. Ein harmloser Glaube ohne Konsequenzen im Sinne von etwas »für wahr halten«, ist damit nicht gemeint. Denn Jakobus sagt uns ja, daß diesen Glauben selbst der Teufel hat und dabei zittert, weil er verdammt wird (Jak. 2:19-20). Die Frage lautet daher auch nicht: muss dem Glauben noch das Bekenntnis hinzugefügt werden? Sie lautet vielmehr: ist ein Glaube vom Herzen überhaupt ohne Bekenntnis denkbar? Sagte nicht der Herr Jesus selbst: (Mat. 12:12) »Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.«? Wie könnte es denn einen Herzensglauben geben, der sich niemals im Bekenntnis äußert, selbst bei einer noch so schüchternen und wortkargen Person muss das schließlich doch irgendwie auch verbal zum Ausdruck kommen, dass er an Jesus glaubt.

Was die Bibel über die Eigenschaft des menschlichen Herzens, dem innersten Sitz der Persönlichkeit eines Menschen lehrt, geht weit über das hinaus, was die meisten Menschen erwarten würden. Ich habe bei diesem Bibelstudium sehr gestaunt und Gott dafür gedankt, wie wunderbar er uns Menschen geschaffen hat. Wir wollen uns die einzelnen Aspekte und ihre Bedeutung für uns einmal genauer ansehen:

Dimensionen der menschlichen ExistenzWir können durchaus sagen, daß das Herz das Innerste der Persönlichkeit eines Menschen darstellt, den Ursprung aller Regungen die die menschliche Seele bewegen. Und nun kommen wir wieder zurück zu dem dreidimensionalen Raum. Wie im physischen, so scheint es diesen auch im psychischen zu geben. Länge, Breite und Höhe des Raumes entsprechen im seelischen den Komponenten unseres Daseins: Denken, Fühlen und Wollen. Das Herz aber ist der Ursprung dieser Regungen.

 

2. Die Dimensionen unserer seelischen Existenz:

1.2.1. Ursprung des Denkens

Daß die Bibel tatsächlich das Herz als den Ursprung unserer Gedanken offenbart, zeigen uns unter anderem zwei Verse.
Spr. 16.9: »Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg.«
Math. 15.19: »Denn aus dem Herzen kommen arge Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung.«
Also müssen wir unsere anerzogene Meinung revidieren daß das Herz nur unsere Gefühlswelt beschreibt. Auch deine innerste Gedanken¬welt wo die Maximen deines Lebens entstehen, wird in deinem Herzen gebildet und bestimmen dein Verhalten im täglichen Leben. Wir machen uns Gedanken über alles mögliche. Entscheidend aber sind nur jene Gedanken, die unser Leben prägen. Wir ziehen unsere Schlüsse und diese werden in unserem Herzen gespeichert als persönliche Normen, die unser Verhalten beeinflussen. Das tun wir selbst dann, wenn wir von keinerlei Ideologien Religionen oder sonstigen moralisch-ethischen Wertvorstellungen beeinflusst sind. Unser Wertesystem entwickelt sich durch nachdenken, aus der Notwendigkeit heraus, im Leben nicht zu scheitern, sondern vorgesteckte Ziele zu erreichen. Zu diesen Zielen muss alles was uns im Leben begegnet in Bezug gebracht werden und das geschieht in unserem Herzen.

Hier könnte man noch manche Überlegungen anstellen, wie sich die Begriffe Vernunft, Weisheit und auch das Gewissen, die alle mit diesem Prozess zu tun haben zu integrieren wären. Die Bibel hat dazu eine Menge zu sagen. Aber dabei wollen wir uns nicht aufhalten, sondern versuchen noch die anderen Komponenten der menschlichen Existenz zu beleuchten.

1.2.2. Ursprung des Fühlens

Dass das Gefühl eine Sache des Herzens ist, überrascht am wenigsten, denn dies wird im Allgemeinen als seine hauptsächliche Funktion betrachtet. Wie wir sehen werden ist das Gefühl aber auch nur eine Dimension des menschlichen Herzens, wenngleich eine sehr wesentliche. Jesus sagt in seiner Abschiedsrede zu seinen Jüngern:
Joh. 16.6 + 22:
»… aber weil ich das zu euch gesagt habe, ist euer Herz voll Trauer …«
»… aber ich will euch wiedersehen und euer Herz soll sich freuen.«


Diese zutiefst emotionalen Erlebnis des Abschiedes und des Wiedersehens hat nach der Aussage Jesus seinen Ursprung im Herzen. Von ihm geht beides aus, die tiefste Trauer und die höchste Freude. Noch deutlicher wird es uns in den Sprüchen gesagt, wie sehr unsere Emotionen aus dem Herzen kommen:
Spr. 15.13: »Ein fröhliches Herz macht ein fröhliches Angesicht, aber wenn das Herz bekümmert ist, entfällt auch der Mut.«
Es ist schon bemerkenswert, wie sehr sich der innere Zustand eines Menschen in seinem äußeren Gebaren wiederspiegelt, wenn er es nicht darauf anlegt, dies verborgen zu halten. Aber Fröhlichkeit will ja nach außen dringen und so ist ein Mensch von Herzen fröhlich, oder es ist nur oberflächlicher Spaß. Den kann man auch haben, dabei kann es im inneren, im Herzen, ganz anders ausschauen. Spaß im Gegensatz zu echter Fröhlichkeit erkennt man auch daran, dass er immer etwas braucht. Das Amüsement ist abhängig von Unterhaltung, Witz, Spannung etc. Der von Herzen fröhliche aber kann in sich ruhen. Er ist selber eine Quelle der Freude, das macht ihn auch bei anderen beliebt.

Aber das Herz kann, wie der zweite Teil des Verses auch sagt, bekümmert oder betrübt sein. Wenn der Mut entfällt, befinden wir uns in einer sogenannten Depression. Dieser moderne Begriff aus der Psychologie, der eine Mutlosigkeit zum Leben meint, wird uns hier gewissermaßen als eine Krankheit des Herzens beschrieben. Jedenfalls ist es aber das Gegenteil von dem was wir anstreben. Denn wir wollen ja Fröhlichkeit. Freude soll unser Herz regieren und das nennen wir dann das Glück. Das Glück des Lebens wird also viel weniger von dem bestimmt, was man hat, als von der Zufriedenheit des Herzens. Das ist es das unser Leben fröhlich werden läßt. Die Genügsamkeit an dem was man hat macht das Leben reich, nicht das immer mehr haben wollen. Damit haben wir schon das Stichwort für die dritte Dimension des menschlichen Daseins, den Willen.

1.2.3. Ursprung des Wollens

Der Wille, oder Das Wollen des Menschen ist seine Triebfeder. Erst sie macht die Existenz wirklich in Raum und Zeit. Der Wunsch im Herzen ist das was wir auch deutlich wahrnehmen. Es ist ein Unterschied, ob man etwas gerne haben möchte, oder ob man es sich von Herzen wünscht. Auch hier wieder je ein positives und ein negatives Beispiel aus der Bibel:
Psalm 37:4:»Habe deine Lust am Herrn, der wird dir geben, was immer dein Herz sich wünscht.«
1. Mose 6:5:»Gott sah, dass das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens nur böse war immerdar.«

Der Wille des Menschen, sein Wünschen, sein Dichten und Trachten kann grundsätzlich in positiver oder negativer Weise ausgerichtet sein. Ob es positiv oder negativ ist, scheint wieder eine Frage des Herzens zu sein. Wovon wird es bestimmt? Ist es im Glauben auf Gott ausgerichtet, oder nur auf das irdische Dasein. In der materiellen Gesinnung des Herzens aber zeigt sich die orientierungslose Dekadenz. Im Herzen werden die MOTIVE für unser Handeln gebildet, die unseren Willen bestimmen. Aber nicht nur worauf unser Wille ausgerichtet ist, sondern auch seine Intensität wird vom Wertesystem im Herzen bestimmt. Der Wille des Menschen kann sehr stark sein und sehr schwach sein. Er kann unbeirrbar sein Ziele zu erreichen suchen, und dabei große Hindernisse überwinden und Leistungen vollbringen, die über das hinausgehen, was man ihm zutraut. Dabei ist es zunächst einmal unerheblich, ob der Herzenswunsch gut oder böse ist. Wenn der Mensch etwas will, ist er kaum aufzuhalten. Leider sind wir oft von großer Willensstärke im Bösen und haben von Natur aus das Gute nicht in uns. Genau das aber ist der Grund für das Gericht Gottes, das wir in der Sintflut erkennen können, der Vers aus 1. Mose 6:8 liefert uns ja die Begründung für das Handeln Gottes in der Sintflut. Das Dichten und Trachten ist böse, das Herz ist verdorben könnte man auch sagen, deshalb greift Gott ein.

Im Gegensatz dazu kann das Herz durchaus auch so beschaffen sein, dass Gott selbst ihm alle Wünsche erfüllt. Die Lust an Gott und seiner Gerechtigkeit verhindert den bösen Wunsch und das Gute ist Gott allemal bereit uns zu geben, wie uns in Psalm 37 mitgeteilt wird.

 

2. Eine neue Typologie der Herzen:

So erkennen wir unser Herz als den Motor unserer seelischen Existenz in den Dimensionen des Denkens, Fühlens und des Wollens. Wie wir in unserem leiblichen Herz auch den Motor unseres Körpers erkannt haben, ohne den das Leben nicht aufrechterhalten werden kann. Dieses Wissen kann uns auch sehr hilfreich sein, um uns und andere in ihrer Persönlichkeit zu verstehen. Wir könnten nun als das Ideal einer ausgeglichenen Persönlichkeit die gleichmäßige Ausprägung der drei Dimensionen bezeichnen. Das ergibt in der Grafik einen Würfel, eine Figur mit gleichmäßiger Ausdehnung, wie im Bild 1 gezeichnet.

2.1. Supermann und Superfrau

Eine völlig ausgeglichener Mensch ist eine stabile Persönlichkeit, die in der Lage ist, auch eine schwierige Situation zu meistern: klares analytisches Denken, hohe Sensibilität und entschiedenes Handeln. Eine Person, bei der man weiß woran man ist. Der Würfel ist gewissermaßen nicht zu kippen, weil sein Schwerpunkt sich genau in der Mitte befindet und keine der Ausdehnungen dominiert.

Aber wie sieht es mit unserer Ausgeglichenheit aus? Entsprechen wir nicht oft genug in unserem Leben allem anderem als in diesem Ideal. Wie oft sind wir unbeherrscht, oder gefühllos abgestumpft, ein anderes mal wieder voll Selbstmitleid, Oder wir sind zu bequem um über die Folgen unseres Handelns nachzudenken. Oft genug entscheidet ausschließlich der Wille was wir tun, und wir erkennen erst hinterher, daß wir es besser nicht getan hätten. Hätten wir doch besser überlegt, oder hätten wir auf unsere Intuitionen gehört, wir hatten ja eh kein gutes Gefühl bei der Sache. Aber es kann auch sein, daß wir genau wissen was wir zu tun hätten, und wir würden es auch gerne tun, aber eine ausgeprägte Willensschwäche in unserer Persönlichkeit lähmt uns und verhindert alles. Im Alten Testament lesen wir: (Jer. 17:9+10) »Es ist das Herz ein trotzig und verzagtes Ding; wer kann es ergründen? Ich der Herr kann das Herz ergründen …«

Das Ideal herrscht also in den meisten Fällen ganz und gar nicht vor und wenn ich an meine eigene Entwicklung denke, so war das eine schmerzhafte Erfahrung, oft auf der einen oder anderen Seite zuviel oder zuwenig gehabt zu haben. Woher kommt das? Warum werden wir nicht reif und führen uns oft noch als Erwachsene auf wie man es eigentlich nur von Kindern erwarten würde? Wir wissen es! Die Bibel nennt hier die Sünde als Ursache, sie behindert uns in der Entwicklung unserer Persönlichkeit.

Schauen wir uns noch einmal 1.Mo.8.21 an: … denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Die Jugend ist die Zeit, in der die Persönlichkeit eines Menschen gebildet wird und da die Jugendzeit bereits geprägt ist vom Versagen, deshalb kann sich letztendlich nur mehr eine mehr oder weniger deformierte Persönlichkeit entwickeln, die nichts mit dem Ideal zu tun hat, das sich Gott am Anfang, bei der Konzeption des Menschen gedacht hat! So unrecht hat da die Psychologie gar nicht mit ihrer Vermutung, dass vieles Schlechte seinen Ursprung in der frühesten Entwicklung der menschlichen Psyche hat. Aber das Hauptproblem ist ja nicht die Erziehung, sondern die Existenz der Sünde im Herzen des Menschen überhaupt. Davon weiß die Psychologie leider nichts.

In Rö.1.21 wird das Dilemma so beschrieben: »Denn obwohl sie von Gott wußten, haben sie ihn nicht als Gott geprisen, noch ihm gedankt, sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren Gedanken und ihr unverständiges Herz ist verfinstert.« Daß das Nichtige, das was uns im Irdischen gefangenhält, so aus¬schließlich von unserem Herzen Besitz ergreift, so als gäbe es keinen Gott mehr, das ist eigentlich der Grund unserer Orientierungslosigkeit in der Finsternis unseres Lebens.

Das Ideal erreichen wir also nicht von Natur aus, wir müssen erkennen, daß wir in uns selbst, in unserer menschlichen Existenz, nicht die Kraft dazu haben, das Gleichgewicht zwischen Denken, Fühlen und Wollen zu halten, wenn dazu nicht noch eine vierte Dimension hinzukommt, nämlich die des Glaubens und zwar des Glaubens von ganzem Herzen. Aber um das zu verstehen, müssen wir uns zuerst die Irrwege, auch die Irrwege des Glaubens genauer ansehen, des Glaubens, der eben nicht aus ganzem Herzen kommt.

2.2. Die Intelligenzbestie

Da haben wir zunächst einmal den Rationalisten, oder den Vernunftsmenschen der nur den Verstand gelten lassen will. In der Grafik dargestellt als ein Quader mit einer instabilen Grundfläche. Er glaubt nur was er sieht, oder was sich irgendwie berechnen läßt. Er ist Stolz auf seine Logik, seinen geschärften Verstand. Er hat durchaus moralische Grundsätze, die beruhen aber nicht auf irgendeiner Gefühlsduselei gegenüber dem Nächsten, sondern rein auf einer verstandesmäßigen Überlegung: nämlich dass ein Zustand der Gesetzlosigkeit Chaos hervorruft, das auch ihm das Leben erheblich erschwert. Deshalb hält er sich moralisch an die Gesetze, zumindest solange er sich beobachtet fühlt.

Der Verstandesmensch versteht die Welt ganz gut, ist er doch Intelligent. Was er nicht versteht ist, warum die Leute ihm ständig auf den Geist gehen. Sie streiten mit ihm in einem fort, obwohl er doch immer korrekt handelt. Ist es euch auch schon aufgefallen, dass es Menschen gibt, die kann man nur schwer ertragen und man meidet sie, obwohl sie immer korrekt sind? Der Rationalist ist eine Intelligenzbestie, der immer auf alles ein schlagendes Argument auf seiner Seite hat, aber gefühlsmäßig total verkümmert ist. Darum kann sich auch keiner mit ihm anfreunden. Eine durch und durch instabile Persönlichkeit.

Wenn der Rationalist gläubig wird – ja, das kann ein Rationalist auch, denn der Glaube ist ja an sich nicht irrational, es ist durchaus vernünftig zu glauben und auch ethische Wertvorstellungen zu entwickeln, das hat schon der große deutsche Philosoph Immanuel Kant gesagt. Wenn er also gläubig wird, dann denkt er viel über Gott nach und über Gemeinde. Er weiß bald mehr als die anderen, aber seltsamerweise werden seine Be¬ziehungen nicht besser. Er ist auf Grund seiner Begabung und Intelligenz bald ein leitender Mitarbeiter seiner Gemeinde, doch in seinem privaten und beruflichen Leben sind noch große Defizite. So wird aus unserem rational veranlagten Gläubigen mit verkümmerten Gefühlsleben vermutlich ein ausgeprägter Dogmatiker werden, der sich mit jedermann heiße Wortgefechte liefern kann und gelegentlich doch Gefühl zeigt, dann nämlich wenn er zornig wird über die Borniertheit der Andersdenkenden.

2.3 Der Schwärmer

Die zweite Typenkategorie hat das gleiche Problem, nur andersherum. Der emotionale Mensch lässt sich hauptsächlich von Intuitionen leiten und wenig von seinem Verstand. Ja er misstraut diesem nicht selten sogar. Er horcht in sich hinein, was seine Gefühle ihm sagen und handelt dann danach. Aber auch die Lebensgrundlage dieses Menschen ist instabil! Er ist zwar ein netter Kerl, aber doch sehr unzuverlässig. Man weiß dass er mit Vorsicht zu genießen ist, denn heute sagt er so, und morgen so, wie es ihm seine Gefühle befehlen. Deshalb wird auch er keine richtigen Beziehungen aufbauen können. Denn Beziehungen erfordern nicht nur gegenseitige Zuneigung, sondern auch Vertrauen, die sich auf Zuverlässigkeit und Wahrheit gründet. Aber Wahrheit ist bei einem emotionalen Menschen relativ. Es geht ihm mehr um eine momentan erlebte Wirklichkeit als um eine zeitlose ewige Wahrheit.

Als Gläubigen wird man diesen Typ kaum auf einer Schulung finden, Bücher sind ihm zuwieder und wenn er die Bibel liest, dann hängt er sich mit Inbrunst an einzelne Verse und fragt was Gott ihm dadurch sagen will. Denn was zählt ist nicht die Erkenntnis der biblischen Zusammenhänge, sondern ein gesteigertes Bewußtsein der Gegenwart Gottes und ein möglichst klarer Auftrag, den Gott ihm ganz persönlich erteilt. Denn er sucht das Erlebnis und die Gefühlsregung und wenn sie ausbleiben, dann wird er depressiv und hört auf mit Bibellesen und Gebet. Auch die Gemeinschaft besucht er nur solange treu, solange sie ihn in positive Schwingungen versetzt. Vernimmt er mittels seiner Intuition einen Ungeist, dann verläßt er sie wieder und sucht sich eine andere Gemeinde.

Ich überzeichne natürlich ein wenig und schildere jeweils den Extremfall, aber ich glaube wir können uns alle in diesen Typenbeschreibungen ganz gut wiedererkennen in der einen oder anderen Weise. Wir haben alle eine Tendenz in irgendeine Richtung.

2.4. Der willensstarke Held

Bei einer vielleicht durchaus ausgeglichenen Basis von Verstand und Gefühl. haben solche Menschen mit ihrem ausgeprägten Willen zu kämpfen. Sie sind Machtmenschen. Was sie sich vornehmen, das erreichen sie auch, nicht selten nehmen sie dabei Beziehungsverluste in Kauf »Wo gehobelt wird, da fallen Späne!« Der Machtmensch sieht sein Heil in der Vermehrung seines Einflusses und in der Verteidigung seines Territoriums, das er sich durch eigene Anstrengung erobert hat. Bei ihm ist immer was los und es bleibt wenig Zeit für sachliche Überlegungen oder Gefühlsduseleien. „Wenn Du es willst, dann tu es“, lautet die Maxime seiner Lebens. Und im übrigen schön cool bleiben und nur keine Schwäche zeigen.

Als gläubige Christen haben Heldentypen eine ausgesprochene Vorliebe für Liturgie und Tradition. Sie können auch sehr asketisch leben. In der Durchsetzung von äußerlichen Attributen fühlen sie sich voll bestätigt und meinen damit Gott einen Dienst zu tun. Fragen der Disziplin, Nahrung Kleidung, Feiertage etc. sind dominierend. Dadurch fühlen sie sich auch anderen überlegen. Denn ihr ausgeprägter Wille treibt sie selbst zu Höchstleistungen an, die eigentlich niemand von ihnen verlangt hat, denn ihr Selbstwertgefühl braucht die tägliche Bestätigung, wieder etwas erreicht zu haben, wie einen Bissen Brot.

2.5 Der willensschwachen Zyniker

der an sich mit scharfem Verstand und einfühlsamen Wesen eine durchaus gute Basis hätte. Aber er bringt nichts anderes zustande, als destruktive Kritik zu üben. An anderen herumzunörgeln ist ihm das Liebste, denn damit kann er ganz gut seine eigene Passivität rechtfertigen. Meist sind es sehr stolze Menschen, die nichts tun wollen, was sie irgendwie angreifbar machen könnte. Denn wer nichts tut, der macht ja keine Fehler und kann aus einer vermeintlich sicheren Position heraus andere kritisieren. Und es gibt immer etwas zu kritisieren. Das es diesen Typ auch in christlichen Gemeinden gibt, brauche ich nicht näher auszuführen.

So sucht der Mensch, in seinen eigenen Veranlagungen umherirrend das Heil in sich selbst! Oft auch noch dann, und das ist das Traurige, wenn er sich bereits als gläubig bezeichnet. Warum ist das so? Ich denke, weil viele noch nicht begriffen haben, was es heißt wirklich von Herzen zu glauben.

 

3. Der Glaube als 4. Dimension des Herzens

Wir sehen was das Problem ist und wo die Lösung wäre, wenn wir wieder zu unserem geometrischen Modell zurückkehren, das uns nur als Illustration dienen soll, um die biblische Lehre zu verdeutlichen. In der Bibel finden wir dieses Modell nicht. Aber es hilft uns vielleicht zu verstehen was gemeint ist. Wenn wir uns also die Idealfigur, den Würfel näher ansehen, dann erkennen wir eine Achse, an der entlang er immer ein Würfel bleibt, ganz gleich wie klein oder wie groß er ist: Wir könnten diese Achse als die vierte Dimension bezeichnen, die außerhalb unser selbst ist, aber direkt in unser Zentrum hineinzielt, ins Herz.

3.1. Glaube „vom ganzen Herzen”

Diese Dimension ist der biblische Glaube an Jesus Christus. Er ist außerhalb von uns selbst, will aber direkt in unserem Herzen wirksam werden und die Deformation unserer Persönlichkeit beenden. Er will der fixe Bezugspunkt in unserem Leben werden. Er will uns bewahren davor, dass wir immer wieder in unsere eigenen Fallen tappen. Wir müssen nicht immer wieder zwanghaft dieselben Fehler begehen, wenn wir Ihm in unserem Herzen Raum geben. Er will aus uns ausgeglichene Persönlichkeiten machen, die zu klarer Erkenntnis ebenso fähig sind, wie zur emotionalen Erlebnisfähigkeit des Friedens Gottes, die aber auch mutig zur Tat schreiten und auch gegen Widerstand etwas in dieser Welt bewegen können, nicht mit Gewalt, sondern im sanftmütigen Geist, wie es unser Herr Jesus Christus vorgelebt hat.

Wenn wir wirklich mit Jesus leben und nicht nur seinen Namen auf unsere Fahnen geheftet haben, dann wird es keine Einseitigkeit geben. Dann werden wir weder emotional noch rational im Dunkeln tappen. Dann werden wir uns aber auch nicht von Erfolg oder Misserfolg leiten lassen, sondern einfach tun was wir tun müssen, gleichgültig ob wir Lob oder Tadel ernten.

Wer von Herzen glaubt, der hat Christus in sich. Er hat Ihn aber auch außerhalb von sich, als die Hoffnung in einer anderen Dimension. Von dieser Hoffnung, die eine Gegenwartshoffnung ist, nicht bloß ein Trost für die Zukunft, die aber aus der Ewigkeit kommt und uns wie ein unsichtbares Seil in ihr hält, spricht auch der Römerbrief: (Rö.5:5.) »Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden, denn die Liebe Christi ist ausgegossen in unser Herz durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.«

Hier schließt sich der Kreis wieder. Denn alles mündet immer wieder in die Liebe und eigentlich ist der liebende Mensch, jener Mensch der Ausgeglichenheit in denken fühlen und wollen. Die Welt weiß, dass nur diese Liebe sie retten kann, aber sie weiß nicht woher diese Liebe kommen soll, ja sie weiß nicht einmal wie diese Liebe beschaffen ist. Aber da ist sie: ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, wenn wir unser Herz im Glauben dem Herrn Jesus Christus geöffnet haben! Aber haben wir das auch wirklich getan?

Es gibt viel Glauben in dieser Welt. Aber wie viel davon ist »Glauben von ganzem Herzen«? Jes.29.13+14 »Weil dies Volk mir naht mit seinem Munde und mit seinen Lippen mich ehrt, aber ihr Herz ferne von mir ist und sie mich fürchten nur nach Menschengeboten, die man sie lehrt,…« Darum hat Gott einst das Volk Israel in die babylonische Gefangenschaft geführt. Wollen wir uns neu besinnen, dass wir nicht auch eines Tages so beurteilt werden, denn dann hätten wir vergeblich ge¬kämpft. Viele Irrwege des Glaubens ließen sich aus diesem einfachen Modell ableiten. In Kürze: der Glaube, in dem das Gefühl dominiert endet im Mystizismus. Der Glaube, in dem der Verstand dominiert, endet im Dogmatismus und der Glaube, in dem der Wille dominiert endet in der Askese. Alles das will Gott nicht von uns und es macht uns auch nicht frei und glücklich. Aber der Glaube, der ganz auf Christus ausgerichtet ist, bringt uns ins Lot. Amen!

 

Zusammenfassung:

In Jer. 17. 9+10 haben wir gelesen:
»Es ist das Herz ein trotzig und verzagtes Ding, aber es wird auch weiter gesagt: Ich der Herr kann das Herz ergründen …« Wie oft habe ich erlebt, wie Gott die Motive meines Herzens aufgedeckt hat und ich wirklich Buße tun konnte. Sage nicht, jetzt habe ich es schon so oft versucht und bin immer wieder auf die Nase gefallen. Sage viel lieber: ich bin immer wieder zu Jesus gekommen und er hat mir immer wieder aufgeholfen.

Wenn Du merkst, das Dein Glaubensleben in einer Sackgasse steckt, dann habe ich noch zwei Verse für Dich zum Abschluß:
Spr.23.26 »Gib mir mein Sohn dein Herz, und laß deinen Augen meine Wege wohlgefallen.«
Warum soll alles bleiben wie es ist, wenn doch Gott versprochen hat:
Hes. 11.9 »Und ich will ihnen ein anderes Herz geben und einen neuen Geist in sie geben und will das steinerne Herz wegnehmen aus ihrem Leibe und ihnen ein fleischernes Herz geben, damit sie in meinen Geboten wandeln und meine Ordnungen halten und danach tun. Sie sollen meine Volk sein und ich will ihr Gott sein.«

Amen!