Das Wort Gottes in guten Zeiten suchen (Amos 8)

Menschen leben in guten und schlechten Zeiten. Wo liegen die Ursachen dafür? Dass die Bibel vom großen Endgericht spricht, ist bekannt, aber gibt es Gerichte Gottes auch innerhalb der Geschichte der Menschheit? Wenn ja, nach welchen Kriterien erfüllen sie sich? Amos lebte in einer Zeit vor einem solchen Gericht, er musste es ankündigen. Wie wird sich dieses Gericht erfüllen und wie lautet die Anklageschrift? Diese Predigt habe ich im Jahr 2000 zum ersten mal gehalten. Sie ist fast 10 Jahre später aktueller denn je.

 

Wenn man vom Gericht Gottes spricht, ist das keine einfache Sache, denn das Thema ist nicht sehr populär. Es steht dann auch immer der Vorwurf im Raum, man wolle den Menschen Angst machen um etwas bei ihnen zu erreichen. Ich will gleich am Beginn meiner Botschaft sagen, dass es darum nicht geht. Angst ist nicht der Weg zu den Herzen der Menschen, dass sie sich bekehren und ihr Leben ändern. Der Weg, für den sich auch Gott entschieden hat, ist Liebe. Liebe ist die Macht die Menschen verändert und die Liebe Gottes ist darum in erster Linie zu verkündigen, in Wort aber auch in der Tat. Dennoch ist das Thema Gericht auch in der christlichen Botschaft vorhanden und nicht nur im alten Testament.

Wenn Paulus versichert hat, dass er den ganzen Ratschluss Gottes verkündet hat, dann findet man in seinen Briefen auch manches Wort vom Gericht Gottes und auch der Apostel Petrus hat es getan. In 1. Petr. 4.17 heißt es sogar: »Denn die Zeit ist da, dass das Gericht anfängt an dem Haus Gottes. Wenn aber zuerst an uns, was wird es für ein Ende nehmen an denen, die dem Evangelium Gottes nicht glauben?« Unmissverständlicher könnte es gar nicht mehr ausgedrückt werden, dass das Thema Gericht nicht nur für diejenigen aktuell ist, die nicht glauben, sondern auch für uns als Gläubige.

 

Deshalb will ich auch heute wieder einmal davon sprechen. Den Sinn dieser Botschaft sah Petrus nicht darin, die Gläubigen zu erschrecken, sondern sie zu warnen, damit sie das Unvermeidliche auch richtig zu deuten imstande sind. Schließlich hängt sehr viel davon ab, wie wir das interpretieren, was in unserer Welt passiert und wovon wir mit betroffen sind. Aber der Text, den ich meiner Predigt zu Grunde lege, soll nicht aus dem neuen Testament kommen, sondern aus dem alten. Denn was damals geschah am Haus Israel, das geschieht im übertragenen Sinn gleicherweise auch an denen, die sich heute Christen nennen und das sind 33% der Weltbevölkerung. Denn wenn wir uns erst mit dem Thema auseinandersetzen, wenn es so weit ist, dann ist es zu spät. Das Wort Gottes muss erkannt werden, solange es Tag ist. Wenn die Nacht hereinbricht ist das Licht nicht mehr ohne weiteres verfügbar.

Wir lesen den Text in Amos 8. 1-7, 10-14
Gott der Herr ließ mich schauen, und siehe da stand ein Korb mit reifem Obst. (2) Und er sprach: Was siehst du Amos? Ich aber antwortete: Einen Korb mit reifem Obst. Da sprach der Herr zu mir: Reif zum Ende ist mein Volk Israel; ich will ihm nichts mehr übersehen. (3) Und die Lieder im Tempel sollen in Heulen verkehrt werden zur selben Zeit, spricht Gott der Herr. Es werden an allen Orten viele Leichname liegen, die man heimlich hinwirft. (4) Höret dies, die ihr die Armen unterdrückt und die Elenden im Lande zugrunde richtet (5) und sprecht: Wann will der Neumond ein Ende haben, daß wir Getreide verkaufen und der Sabbat, daß wir Korn feilhalten können und das Maß verringern und den Preis steigern und die Waage fälschen, (6) damit wir die Armen um Geld und die Geringen um ein paar Schuhe in unsere Gewalt bringen und Spreu für Korn verkaufen? (7) Der Herr hat bei sich, dem Ruhme Jakobs geschworen: Niemals werde ich diese ihre Taten vergessen.

(10) einst wird man vergeblich nach Gottes Wort verlangen. (11) Siehe, es kommt die Zeit, spricht Gott der Herr, daß ich einen Hunger ins Land schicken werde, nicht einen Hunger nach Brot oder Durst nach Wasser, sondern nach dem Wort des HERRN, es zu hören; (12) daß sie hin und her von einem Meer zum andern, von Norden nach Osten laufen und des Herrn Wort suchen und doch nicht finden werden. (13) Zu der Zeit werden die schönen Jungfrauen und die Jünglinge verschmachten vor Durst, (14) die jetzt schwören bei dem Abgott Samarias und sprechen: »So wahr dein Gott lebt, Dan!« und »so wahr dein Gott lebt, Beerscheba! «Sie sollen so fallen, daß sie nicht wieder aufstehen können.

Das Volk in der Krise

Man kann sagen, daß das Volk Israel damals gehörig in der Krise war und das noch gar nicht gemerkt hatte. Der Prophet Amos hatte dabei die undankbare Aufgabe, dem Volk mitzuteilen dass es vorbei war mit Gottes Gnade, als es dafür noch keine deutlichen Anzeichen gab. Gott hatte Amos ein Bild gezeigt, einen reifen Erntekorb. Gefüllt mit prächtigem Obst. Dieses Bild ist eigentlich ein positives Bild, zeigt es doch an dass es eine reiche Ernte gegeben hat. Wohlstand und eine Zeit der Freude lagen anscheinend vor dem Volk. Damals gab es ja noch keine fabriksmäßig hergestellte Süßigkeiten und Snacks, so wie heute, wenn man damals feierte oder es sich ganz entspannt gut gehen ließ, dann aß man Obst. Der volle Obstkorb ist also als ein Zeichen einer Phase der Ruhe und Entspannung, des Feierns nach der Arbeit.

Doch die Botschaft die Amos von Gott erhielt und die er weitergeben mußte, lautete ganz anders, Gott sagte: so reif wie dieses Obst im Korb, so reif ist Israel für das Gericht. Auch in den weiteren Versen verkehrt sich alles ins Negative. Die fröhlichen Lieder werden zum Geheule und die Feiertage geraten zu Trauertagen.

Es ist nicht möglich, diese Verse des Propheten Amos zu verstehen, wenn wir nicht den Kontext berücksichtigen, unter dem diese Botschaft an das Volk erging. Amos lebte und wirkte in der Zeit, die uns in der Bibel im 2. Buch der Könige Kap. 14 beschrieben worden ist. Israel war damals vom König Jerobeam II regiert worden. Von ihm hieß es: »er tat nicht was Gott gefiel, sondern folgte den Sünden seiner Vorgänger«, die Gott immer wieder bestraft hatte. Als seine Herrschaft begonnen hatte, da ging es dem Volk sehr schlecht. Und obwohl Jerobeam II Gott nicht diente, so lesen wir doch, dass Gott das Volk durch seine Hand davor bewahrte in Krieg und Not zu versinken. Es heißt: »Der Herr sah den bitteren Jammer Israels an, daß sie alle so dahin waren und kein Helfer in Israel war … und errettete sie durch Jerobeam, den Sohn Joasch.« Jerobeam regiert Israel daraufhin über 40 Jahre und es dürfte überwiegend eine Zeit des Wohlstandes und des Friedens gewesen sein.

Doch Amos stellt hier offensichtlich klar, daß es ein trügerischer Friede war in dem sich Israel befand. Denn obwohl äußerlich alles augenscheinlich in Ordnung war, so reifte das Volk Gottes doch in dieser Zeit endgültig zum Gericht heran. Gerade in dieser Zeit des Fehlens von ernsten Auseinander¬setzungen machte sich im Volk eine Mentalität breit, die Gott dazu bewog, den Schlussstrich ins Auge zu fassen.
In Vers 2 heißt es: »Ich will ihm nichts mehr übersehen!«

Dass Gott das jetzt nicht mehr tun will, zeigt uns natürlich auch, daß Gott das eine Zeitlang getan hat. Lange hatte Gott immer wieder Nachsicht geübt mit seinem Volk und seine Schwachheiten übersehen. Gott ist nicht einer, der nur darauf wartet, daß wir einen Fehler machen und dann sofort dreinhaut. Nein, wenn Gott jede Sünde auf der Welt immer und sofort ahnden würde, dann hätte die Geschichte der Menschen wohl nicht so lange angehalten. Aber Gott wartet zu, er gibt uns Menschen Chancen, unsere Fehler einzusehen und zu korrigieren. Er will dass wir Buße tun, damit er uns nicht richten muß. Aber einmal ist die Zeit der Gnade vorbei, dann heißt es Bilanz zu ziehen und der Tag der Abrechnung wird festgesetzt. Das hat Gott hier offensichtlich getan und lässt dies auch dem Volk durch den Propheten Amos ausrichten.

Was war nun der konkrete Zustand des Volkes Israels zu dieser Zeit und warum war es soweit gekommen? Oder anders ausgedrückt: Was war eigentlich der »Point of no return«, der Punkt, an dem keine Umkehr mehr möglich war und den Israel überschritten hatte? Der Prophet gibt Auskunft darüber und überraschenderweise war es nicht die Abgötterei wie man vielleicht meinen könnte. Götzentempel gab es in Israel damals schon seit vielen Generationen. Die Zeit Davids und Salomos, in der man nur den einen wahren Gott in Jerusalem anbetete, war schon längst vorbei und es herrschte wohl kaum noch eine Erinnerung daran. Aber das hielt Gott dem Volk nicht vor, sondern was er ihnen vorwarf war die zunehmende Unterdrückung der Armen.

Auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen, Gott ist ein Gott der Armen, der Witwen und Weisen und er achtet offensichtlich sehr darauf, wie ein Volk mit Armut umgeht. Armut wird oft als Folge eines schlechten politischen Systems gewertet, aber ganz unabhängig davon hat es immer wieder einen Trend in der Geschichte der Menschheit gegeben, zu allen Zeiten und in allen Kulturen, in denen sich die Mächtigen ihrer Verantwortung für die Armen entzogen haben und sich lieber auf die Seite der Reichen stellten. Das fordert Gott heraus. Das ist offensichtlich ein deutliches Zeichen für die Gerichtsreife eines Volkes.

Man könnte wohl eine ganze Liste von Argumenten aufführen, die von Reichen und Mächtigen angeführt werden um ihre Absicht zu legitimieren, sich nicht um die Armen in der Gesellschaft zu kümmern, sondern nur mehr danach zu trachten, noch reicher zu werden. Im Mittelalter war das zum Beispiel der Hinweis auf die gottgewollte Bestimmung eines Menschen und die berüchtigte Vertröstung der Armen auf das Jenseits. Dieses Denken war eher unchristlich fatalistisch, als biblisch christlich. Das war aber nur im späten Mittelalter so, im frühen Mittelalter achtete man hingegen noch sehr auf die Armen und betrachtete es als Verpflichtung für jeden Reichen, gegen Armut in seinem Einflussbereich vorzugehen. Doch das, worauf sich die Zivilisation Europas gründete und was sie auch stark machte, war bald nur noch Geschichte und im Hochmittelalter kümmerten sich Adel und Klerus zunehmend um den eigenen Wohlstand.

Vor der Reformation wurden die sozialen Gegensätze so akut wie nie zuvor und sie waren auch der Hauptgrund für den 30-jährigen Krieg. Die religiösen Motive waren hauptsächlich vorgeschoben, was dem Christentum sehr schadete. Dennoch war danach von den Ländern der Reformation ausgehend ein deutlich gestiegenes Bewusstsein für die soziale Verantwortung der Gesellschaft feststellbar. Doch es reichte nicht aus, die Armut zu beseitigen, denn bald hatten die »Neuen Reichen« wieder gewichtige Argumente zur Hand, um sich abermals mehr um ihre eigenen Belange zu kümmern.

Staatliche Eingriffe werden in der heutigen Zeit abgelehnt mit dem Hinweis auf die »Selbs¬tregu¬lierungskraft des freien Marktes«, Diese These wurde bereits im 18 Jahrhundert von dem englischen Protestanten Adam Smith entwickelt. Zusammen mit dem jüdischen Gelehrten David Ricardo entwickelten er die Theorie des »Trickle Down Effektes« (Versickerungseffekt), wonach die Reichen, sobald sie ihre eigenen Bedürfnisse befriedigt haben, ihren Reichtum auch auf die Armen verteilen würden, auch ohne gesetzliche Regulierungen. Auf solchen Dogmen gründet sich der Kapitalismus, der sich heute infolge des Fehlens eines Gegengewichtes in seinen extremste Auswirkungen neu zu entwickeln beginnt.

Nun, Smith und Ricardo waren beide Christen und zwar sehr reiche Christen. Sie suchten eigentlich nach einer Rechtfertigung für ihren Reichtum und sie sind als aufrechte Protestanten sicherlich mit gutem Beispiel voran gegangen und haben auch andere motiviert gleiches zu tun und ihren Reichtum nicht zu horten, sondern zu verteilen. Doch dieses Verhalten automatisch als sozusagen natürliche Verhaltensweise zu postulieren, auf der man ein Wirtschaftssystem aufbauen kann, das war weder ein besonders kluger Gedanke, noch entspricht er biblischen Aussagen. Soziale Verantwortung ist nicht etwas, was reiche Menschen gerne übernehmen. In der Regel stimmt eher das Bild der Comicfigur Dagobert Duck, dem Reichen, der geizig seinen Reichtum hortet und ihn um seiner selbst willen aufbaut und nicht um seine und die Bedürfnisse anderer damit zu befriedigen.

Ich habe stark den Eindruck, daß es auch heute immer mehr zum erklärten Ziel aller Reichen wird, noch reicher zu werden. Gewinnmaximierung sind das oberste Gebot. Gesellschafter und Aktionäre empfinden keinerlei Verantwortung gegenüber den Menschen die in ihren Betrieben arbeiten. Der Ruf nach Abbau von Sozialleistungen zugunsten einer steuerlichen Entlastung von Betrieben geschieht mit dem Argument: Der Markt regelt alles. Vielleicht regeln die Gesetze des freien Marktes ja vieles, aber ganz bestimmt nicht die Habsucht und Machtgier der Menschen. Die wird und kann kein Markt abschaffen. Die kapitalistische Doktrin geht da ebenso von der falschen Grundannahme aus wie die kommunistische, nämlich davon dass der Mensch in sich gut ist.

Die Bibel sagt uns, dass sich der natürliche Mensch nicht ändert, deshalb wird sich regelmäßig in der Geschichte dieser Vorgang wiederholen, dass der Reiche den Armen unterdrückt, auch in unserer demokratischen, aber gottlosen Gesellschaft wird dies wieder geschehen. Und ebenso wird es auch wieder geschehen, dass sich danach das Gericht Gottes vollzieht. Dabei schein ein Teil des Gerichtes Gottes der Sünde der Habsucht immanent zu sein. Das heißt: auch ohne übernatürliches Eingreifen Gottes rächt sich diese Sünde immer wieder und kehrt des Menschen böse Absicht gegen ihn selbst.

Des Amos Botschaft lautet daher: Paß auf, Volk Israel – noch feierst du, noch erklingen deine Lieder, aber es kommt der Tag, da wird es mit all dem vorbei sein. Denn Armut, besonders wenn sie so offensichtlich großem Reichtum gegenübersteht, der durch Unterdrückung und Betrug zustandegekommen ist, entwickelt immer heftigen Widerstand in einer Gesellschaft. Eine Steigerung der Kriminalität ist die unausweichliche Folge. Denn wenn der Reiche betrügt, warum soll das dann der Arme nicht auch tun. Schließlich geht es aber nicht mehr nur um Eigentum, sondern auch um Leben und Tod. Daher lesen wir auch in Vers 3: »Es werden an allen Orten viele Leichname liegen, die man heimlich dort hin gelegt hat.« Er beschreibt wie Menschen umkommen, nicht durch Krankheit, nicht durch Krieg und nicht durch Revolution, denn in all diesen Fällen werden Leichen nicht heimlich irgendwo hingelegt, sondern beschrieben wird hier Mord und Totschlag. Eine Zunahme der Kriminalität, das ist das Resultat einer Gesellschaft, die das Wort Gottes missachtet hat und in der jeder nur egoistisch seinen eigenen Vorteil sucht.

Die Mächtigen und Reichen meinen oft sich dagegen durch den massiven Einsatz von Polizei und Militär schützen zu können. Aber der Sohn des Königs Jerobeam II, der sein Nachfolger wurde, war nur 6 Monate im Amt ehe ihn ein gewisser Schallum umbrachte, den danach, nur einen Monat später das gleiche Schicksal ereilte. Sein Mörder war Manehem, der in Israel eine zehnjährige Schreckensherrschaft führte. In dieser Zeit kam PUL, der König von Assyrien und besetzte das Land. Er ließ auch die Reichen in Israel schwer besteuern und sein Nachfolger der König Salmanasser besiegte Israel endgültig und verschleppte den Großteil des Volkes in die Assyrische Gefangenschaft.

Wie konnte das Volk Gottes so an sein Ende kommen?

Diese Frage ist im zweiten Teil unseres Textes ganz klar beantwortet. In den guten Jahren hatten das Volk Israel und seine geistlichen Führer nicht das Wort Gottes gesucht und beachtet, sondern es sich nur gut gehen lassen. In bester Stimmung und Ausgelassenheit feierte man die fetten Jahre, was das Zeug hielt. Amos warnte das Volk davor, dass es das Wort Gottes einmal dringend brauchen werde, aber dann würde es nicht mehr zu finden sein.

Besonders der Vers 13 zeigt die ganze Tragödie des tiefen Falles: »Zu der Zeit werden die schönen Jungfrauen und die Jünglinge verschmachten vor Durst.« Zeiten des Wohlstandes sind immer auch Zeiten, in denen die jungen Menschen besonders schön sind. Sie sind gut genährt und haben Zeit und Geld um ihre Körper zu pflegen und sich schöne Kleider zu kaufen, die zu ihrem Typ passen. Eine geile Zeit würde man heute sagen. Aber was ist das alles wert, wenn dann die böse Zeit kommt und man kein Wort Gottes hat, das einem Trost und Halt bietet?

In den Zeiten des Wohlstandes und des Friedens glaubt man das Wort Gottes nicht zu brauchen. Alles geht so offensichtlich auch ohne Gott ganz gut. Man lernt, arbeitet, verdient viel Geld, kann sich etwas leisten. Zivilisation und Kultur befinden sich auf einem Höchststand und wenn man fragt wie das alles zustande gekommen ist, dann bekommt man zur Antwort: es wäre die Intelligenz des Menschen, seine Leistungsbereitschaft und der daraus resultierende technische Fortschritt. Die Technologie hat sich seit bestehen des Menschheit immer wieder weiter entwickelt. Eine Generation hat auf dem Wissen der vorhergehenden aufgebaut und sich das Leben noch leichter und schöner gemacht und man möchte meinen, das alles geschah ganz ohne Gott. Wozu brauchen wir eigentlich Gott?

Ach ja, da gibt es ja noch die Krankheiten und die Naturkata¬stro¬phen, und das war es dann auch, was die Menschen immer wieder religiös machte. In ihrer Religion versuchten die Menschen die Götter durch kultische Handlungen zu besänftigen, und erhofften sich daraus ein gutes Schicksal. Das Volk Israel war trotz allem noch stark geprägt von seiner religiösen Tradition. Wir lesen hier im Text von Liedern im Tempel und von Feiertagen, sogar vom Schwören bei den Göttern, also religiösen Verpflichtungen die man einging. Religion war also schon vorhanden, aber was fehlte war DAS WORT GOTTES! Das geschriebene und von den Propheten verkündigte Wort Gottes war schon lange nicht mehr gefragt. Die Forderungen Gottes in seinem Wort passten einfach nicht mehr ins damalige gesellschaftliche Konzept, so wie auch das Wort Christi heute nicht mehr ins Konzept der modernen, einst auf dem Christentum aufbauenden, westlichen Staaten passt.

Im toleranten Israel war es einfach inakzeptabel, dass man nur einen Gott anbeten sollte und den nur in einem einzigen Tempel, noch dazu stand dieser Tempel in Jerusalem. Es war auch inakzeptabel, sich ständig moralisierende Vorträge anzuhören, darüber wie man zu leben hätte. Dass man nicht lügen und nicht betrügen sollte, dass niemand ein Auge auf den Ehepartner seines Nächsten werfen sollte, dass man nicht Schlemmen und Saufen sollte, dass man dem Nachbarn in seiner Not helfen sollte usw. All das, was das Wort Gottes eben so beinhaltet, das war in einer FUN-Generation, in einer Unterhaltungsgesellschaft, die immer mehr nach immer stärkeren sinnlichen Reizen verlangte, ganz einfach nicht mehr gefragt. Religion musste selbst ein sinnlich-spirituelles Erlebnis sein, wenn sie Erfolg haben wollte und das boten die Götzenpriester im reichen Ausmaß. Das Wort Gottes spielte da keine Rolle mehr.

Die Götzen waren stumm und nahmen das bunte Treiben der sie Verehrenden gleichmütig hin, ob die Menschen gut oder böse waren. Vor ihnen konnte jeder tanzen wie er wollte, jeder nach seiner Fasson selig werden. Das ist doch ein Gott, wie wir ihn haben wollen, einen stummen Gott, der uns in Ruhe lässt, dem wollen wir alle Ehre zukommen lassen. Aber einen Gott, der zu uns spricht, der Ansprüche stellt, den brauchen wir nicht.

Aber der Prophet warnt eindringlich. Denn das Fehlen des Wortes Gottes über viele Jahrzehnte hinweg war der Hauptgrund für den moralischen Niedergang des Volkes Israels. Daß Gott dem Volk in seiner Gnade so lange Frieden und Wohlstand geschenkt hatte, konnte die Morbidität dieser Gesellschaft nicht aufheben. Nur die Durchdringung mit dem Wort Gottes hätte das vermocht, aber das gab es eben schon lange nicht mehr. Das Wort Gottes war verloren gegangen in der guten Zeit und war dann auch nicht mehr zu finden, als die Not da war und man sich dessen bewußt wurde, dass man es doch noch braucht. Dann suchte man es und fand es nicht, wie es der Prophet vorrausgesagt hatte. Es war da gewesen, aber man hatte es missachtet und verdrängt. Und nun schwiegen die Propheten, Gottes Wort war nicht mehr da.

Die Zeichen des Untergangs

Aus unserem Text und dem geschichtlichen Hintergrund wird deutlich, dass es drei sichere Zeichen für den drohenden Untergang Israels gegeben hat:
1. Die Kluft zwischen Arm und Reich
2. Die steigende Kriminalität
3. Das fehlende Wort Gottes
Sind das nicht auch die Zeichen des Unterganges einer jeden Kultur? Ich glaube schon! Ich glaube, wenn wir die christliche westliche Welt mit dem Schicksal des Volkes Israels vergleichen, dann können wir durchaus Parallelen ziehen. Auch uns wurde ab Mitte des vorigen Jahrhunderts eine außergewöhnliche und unverdiente Zeit des Wohlstandes und des Friedens geschenkt. Jerobeam II und sein Volk haben diese Chance verspielt. Ich fürchte, wir haben sie auch nicht genutzt! Wenn man sich die aktuelle Situation in den christlich geprägten Ländern ansieht, dann können wir erkennen dass uns ebenso moralisch die Luft ausgeht wie ihnen. Das ist auch kein Wunder, denn das Wort Gottes hat auch in unseren Ländern bei weitem nicht dominiert, ja es wurde sogar an den äußersten Rand gedrängt oder ganz unterdrückt.

Der ganze technologische Fortschritt der Menschheit hat doch immer wieder und zu jede Zeit der Geschichte gezeigt, daß der Mensch moralisch nichts dazulegen kann. Nichts kann die dämonischen Kräfte der Sünde in ihm zum Stillstand bringen, als alleine das Wort Gottes. Aber wenn das fehlt?

Wenn der Einfluß des Wortes Gottes fehlt, dann werden auch die heimlich abgelegten Leichen wieder häufiger. Unzählbar sind bereits die Leichen der aus Gründen des Lebensstandards abgetriebenen Kinder. Immer häufiger auch die physischen und psychischen Leichen der Missbrauchten und Geschändeten. Kaum eine Woche vergeht ohne Meldungen in den Medien von Familientragödien, sexuellem Kindesmissbrauch und Terror. Und dennoch wagt keiner mehr in dieser Situation den Mund aufzumachen und ein treffendes Wort Gottes zu sagen, denn das größte Schimpfwort, mit dem man heute bedacht werden könnte ist es, ein »Moralapostel« genannt zu werden. So verdrängt man allmählich das Wort Gottes ins Meer der Vergessenheit und bald wird keiner mehr wissen was die innere Stärke einer Gesellschaft und das Geheimnis von Kraft und Gnade ist, die das Böse überwinden kann, so wie die Bibel uns das sagt.

Man wird dieses Geheimnis suchen, wenn es zu spät ist und ich fürchte fast, man wird es bald nicht mehr finden, weil Gott zur sogenannten »Christenheit« genauso gesagt hat: »es reicht!«, wie er das vor damals vor ca. 2800 Jahren mit Israel getan hat. Vers 3: »Reif zum Ende ist meine Volk, ich will ihm nichts mehr übersehen!« Und Vers 12: »… daß sie werden hin und her, von einem Meer zum anderen, von Norden nach Osten laufen und des Herrn Wort suchen und nicht finden werden.«

Von einer Friedenskonferenz zum nächsten Gipfeltreffen, aber umsonst, es ist zu spät. Die jahrzehntelangen Chancen wurden verspielt, weil man sich nicht um das Wort Gottes gekümmert hat. Die Medien waren voll mit Aktion, Sport, Unterhaltung und allem möglichen Schweinekram, manches läßt sich kaum anders bezeichnen, aber es war kein Platz für Gottes Wort. So wird man zwar die Ernte einbringen, aber sie wird verfaulen ehe der Winter kommt, für den sie hätte reichen müssen.

Was der Prophet gesagt hat galt einem ganzen Volk. Sicher gab es auch in diesem Volk eine Minderheit, die das Wort Gottes bewahrt hat. Ich möchte uns heute ermutigen, selbst das Wort Gottes festzuhalten, denn wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Ich möchte niemanden zur Resignation aufrufen, weil die Welt ja doch dem Gericht verfallen ist und Erweckung unwahrscheinlich geworden ist. Einerseits sollen wir uns nicht täuschen lassen. Vieles ist nur Schein und was uns als Erweckung verkauft wird ist oft nur eine Pseudoerweckung. Andererseits haben wir immer noch das Wort Gottes. Und solange Jesus noch nicht wiedergekommen ist, haben wir es zu verkündigen und danach zu leben.

Die nächsten Generationen werden es nicht mehr so leicht haben wie wir in den letzten 50 Jahren. Aber gerade deshalb ist es umso wichtiger, das Wort Gottes in die Herzen unserer Kinder und Jugendlichen zu pflanzen und zwar nur das Wort Gottes und nicht irgendwelche neuen Kulte, weder charismatische, noch psychologische, noch methodische. Denn nur das Wort Gottes kann sie in dunklen Zeiten bewahren und trösten. Man kann auch bestehen in einem Gericht Gottes, denn die Zeit in der man lebt kann man sich sowieso nicht aussuchen, man besteht aber nur, wenn man das Wort Gottes kennt.

Den Jugendlichen möchte ich zurufen: sucht das Wort Gottes, solange die Zeiten noch gut sind. Es heißt in Psalm 119, 105:
»Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg.« Wir müssen vom Wort Gottes keine großen Wegweisungen erwarten. Wir würden manchmal gerne wissen, wie unser Leben in der Zukunft verläuft, welchen Beruf wir ergreifen sollen, oder ob wir da oder dort hingehen sollen. Das sind nicht die entscheidenden Fragen, auf die uns das Wort Gottes eine Antwort gibt. Das Bild von des Fußes Leuchte sagt uns doch, dass das Wort Gottes kein Fernlicht ist, das uns kilometerweit den Weg weist, sondern dass es das Licht eines Wanderers in der Nacht ist, das gerade nur ein paar Meter leuchtet. Aber wenn du diese Lampe immer bei dir hast, dann wirst du auf Schritt und Tritt erkennen was vor dir liegt, ob es gut oder böse ist, und wirst nicht auf die Nase fallen. Und wenn du an eine Wegkreuzung gelangst, dann wirst du das Licht erheben und die Wegweiser erkennen, die dir Gott auf den Weg stellt. Aber suche nicht erst nach dem Licht, wenn du schon weit auf dem Weg bist und dich verirrt hast, mach dich am Anfang deines Weges vertraut mit diesem Licht. Liebe es, denn es ist dir gegeben damit du sicher ankommst an das Ziel deines Lebens.

Das Wort Gottes sagt uns was Gott von uns haben will. Er hat uns Begabungen gegeben und wenn wir das tun was uns zugedacht ist, dann wird es uns auch an Freude nicht mangeln. Er verlangt nichts von uns, was wir nicht leisten können. Aber was er vor allem will ist: daß wir nicht sündigen, daß wir barmherzig und freundlich sind, friedfertig, hilfsbereit und ehrlich. Das alles liegt nicht in unserer Natur, sondern das Wort Gottes legt das in uns hinein. Wenn wir in den Spiegel des Wortes schauen, dann erkennen wir unsere wahre Natur und können uns ändern, aber wenn wir das Wort Gottes aus unser Leben verbannen, dann nützt uns auch Lobpreis und frommes Gehabe nichts, dann werden wir fallen und nicht einmal in der Lage sein Buße zu tun, damit uns Gott vergibt. Darum: sucht das Wort Gottes, solange gute Zeit ist.


Amen.