2. Geschichtlicher Hintergrund und Charakteristik

 

Daniel erlebte den Aufstieg und Niedergang mehrerer Reiche: Das Assyrerreich fand im Fall Ninives (612) und in der Schlacht von Karkemisch (605) ein Ende. 586 musste er den Untergang der jüdischen Nation miterleben, in Folge dessen er auch nach Babylon verschleppt wurde. 568 folgte die Eroberung Ägyptens durch die Babylonier. 550 fiel das Mederreich an Kyros, der dann 539 auch Babel zu Fall brachte und damit das Babylonische Weltreich durch das Medo-persische ersetzte. Daniel erlebte und überlebte die meisten dieser Umbrüche als Staatsmann mit und nahm in seinen Prophezeiungen die weitere Entwicklung der Weltgeschichte vorweg.

Er musste aber nicht nur die starken machtpolitischen Veränderungen verarbeiten, sondern auch die geistliche Dimension der Geschichte. Gott hatte sich von seinem Volk als begünstigte Staatsmacht der Region abgewendet und sich den Heidenvölkern zugewendet, die er jetzt lenkte, ja teilweise sogar erwählte. Israel und Juda spielten keine Rolle mehr. Sicherlich war es keine Verwerfung des Volkes Gottes schlechthin. Denn dass Gott noch zu ihm stand, erfuhren ja er und seine drei Freunde am eigenen Leib in vielen Bewahrungen und Führungen an den an Intrigen reichen Herrscherhöfen. Doch schmerzhaft blieb allemal, das das Volk seinen Status und damit seine Herrlichkeit verloren hatte und es war offensichtlich Daniels Wunsch, zu sehen, ob sich das Schicksal Israels noch einmal wenden würde und wann das sein könnte. Und Gott ließ es ihn so deutlich wie keinen anderen Propheten sehen, dass die Zeit der Heiden begrenzt ist und dass jedes Reich sein Ende finden würde.