7. Liebe ist … (1. Kor. 13:4-7)

Eine Zeit lang waren diese Karten mit den Cartoons recht beliebt, auf denen es hieß: Liebe ist … und dann folgte mehr oder weniger sinnvolles. Wenn wir also jetzt einmal ganz dumm fragen: was ist denn eigentlich Liebe? Fragen wir zunächst irgendwelche Leute, einfach Menschen auf der Straße oder in unserem Bekanntenkreis; dann werden wir jede Menge Antworten bekommen. Jeder weiß was zu dem Thema und es gibt eine Unmenge von Sprüchen, meist irgendwie scherzhaft, aber irgendwie doch ernst gemeint. Der plausibelste Spruch scheint noch der zu sein: »Liebe ist: miteinander alt werden zu wollen.« Schön, das wollen wir alle. Auch wenn die hohe Scheidungsrate daran zweifeln lässt, dass das so leicht ist, so ist es doch das was jeder will, wenn er den Bund der Ehe eingeht. Es wird nicht viele geben, die sich verheiraten, in dem Bewusstsein, sich eh in ein paar Jahren wieder scheiden zu lassen. Nein, das stellen wir uns unter Liebe nicht vor. Das Ideal der Liebe ist immer noch, miteinander alt werden zu wollen.

Doch wenn es dann nicht klappt, war es dann keine Liebe, sondern nur eine Täuschung? So kann uns dieser Spruch also nicht wirklich befriedigen. Wenn alle das Gleiche wollen, aber nur ein Teil es erreicht, dann muss noch mehr dahinter stecken. Dann kann dieser fromme Wunsch, miteinander alt werden zu wollen, doch höchstens nur ein Teilaspekt der Liebe sein. 


Aber immerhin ist diese Aussage noch eine der klügeren. Es gibt eine ganze Reihe anderer »Liebe ist... – Sprüche«, die wesentlich dümmer erscheinen, wenn man nur ein wenig über sie nachdenkt. Ich habe einmal im Internet nachgeschaut, was für Sprüche es noch so gibt und drei der meiner Meinung nach dümmsten Sprüche herausgesucht, die ich gefunden habe:

Die dümmsten Sprüche über Liebe

»Liebe ist: Sie die neuen Tapeten aussuchen zu lassen.« Ganz abgesehen davon, dass in solchen Fragen sowieso meistens die Frauen den Ton angeben, möchte ich mir lieber nicht vorstellen, was passiert, wenn sie nach Hause kommt und sagt: »Schatz, sieh mal diese wunderschönen Blümchentapeten die ich für Dein Büro ausgesucht habe!« Wenn eine Frau ihren Mann liebt, dann wird sie doch wohl eher mit ihm zusammen Tapeten kaufen gehen, damit sie sich schließlich beide wohl fühlen in ihrer gemeinsamen Wohnung.

Ein anderer Spruch: »Liebe ist: Ihr morgens zu sagen, wie blendend sie aussieht.« Stellen wir uns vor: ein Paar in den 40ern, oder noch älter, der Wecker schrillt, beide erheben sich schlaftrunken aus dem Bett und er sagt zu ihr: »Na du siehst ja heute wieder blendend aus!«

Es ist schon eigenartig, dass das Thema Liebe – durch die Zeiten der Menschheitsgeschichte immer ein Dauerbrenner – so sehr im Mittelpunkt des Interesses steht, und man dennoch so wenig Gescheites zu diesem Thema zu hören bekommt. Das kommt davon, dass wir in unserer modernen Kultur einen sehr reduzierten Liebesbegriff haben. Wir meinen Liebe hätte etwas mit Harmonie und Romantik zu tun, was am häufigsten in der geschlechtlichen Zweisamkeit auftritt. Auch das kann natürlich Liebe sein. Doch die Griechen nannten diese Art von Liebe einfach nur Eros.

In der heutigen Predigt geht es aber um 1. Kor. 13 und da ist gerade das überhaupt nicht gemeint. Die griechische Unterteilung des Begriffes Liebe in drei Hauptworte, »Eros, Philea und Agape«, ist hier sehr hilfreich, wenngleich man sagen muss: auch die Juden kannten im hebräischen keine Unterscheidung des Wortes. Liebe war Liebe und auch das hat was für sich, zwischen den einzelnen Territorien der Liebe keine chinesische Mauer zu errichten, so als hätte das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Aber unser Text heute ist 1. Kor. 13 und da beschäftigt uns die Frage: Was haben wir hier unter Liebe zu verstehen? John Mc Arthur schreibt in seinem Kommentar zum ersten Korintherbrief:

Zitat: »Agape (Liebe) ist eines der am seltensten in der alten griechischen Literatur verwendeten Worte, aber eines der häufigsten Worte im Neuen Testament. Anders als unser deutsches Wort Liebe bezieht sich agape niemals auf romantische oder sexuelle Liebe, denn für diese gebrauchte man den Begriff eros, der kein einziges Mal im Neuen Testament auftaucht. Agape bezieht sich auch nicht auf Gefühle oder angenehme Empfindungen für jemanden oder etwas. Es bezieht sich nicht auf enge Freundschaften oder Bruderliebe, für die das Wort philia verwendet wird. Agape bezieht sich auch nicht auf Nächstenliebe und das Umsorgen von Hilfsbedürftigen. Das dreizehnte Kapitel (des 1. Korintherbriefes) bietet uns die beste Definition von agape.«

Die ersten drei Verse des 1. Korintherbriefes haben wir ja schon besprochen, sie stehen noch ganz im Zusammenhang mit den Gnadengaben, von denen ausgehend Paulus argumentiert hat. Nun aber stellt er den vorzüglicheren Weg vor. Den Weg, den alle gehen sollten, weil er der bessere ist. Wir wollen hier gleich mal lesen, wie denn Paulus Liebe definiert:
(4) Die Liebe ist langmütig und gütig, die Liebe beneidet nicht, die Liebe prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf; (5) sie ist nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu; (6) sie freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; (7) sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.

Bei den Gaben ging es um Fähigkeiten die uns ermöglichen, etwas zu tun. Wir haben ja alle möglichen Gaben entdeckt, haben auch von den verschiedenen Gabenlisten im Neuen Testament gesprochen und festgestellt, dass diese nicht vollständig sein können. Wir haben weiters entdeckt, dass die Gaben der Gemeinde gegeben wurden, zum gemeinsamen Nutzen, nicht dem Einzelnen, auch wenn der Einzelne letztendlich Träger dieser Gaben ist. Und so können wir sagen, dass es bei den Gaben immer darum geht, dass etwas geschieht. Setze Deine Gaben ein, die Dir Gott gegeben hat und mach was draus, das ist die Parole.

Aber nun macht Paulus einen Schwenk und lenkt unsere Aufmerksamkeit weg von allem Tun, auf das Sein. Denn alles was wir tun, hat nur seinen Sinn in dem was wir sind. Die ersten drei Verse haben uns das deutlich gemacht:
1 Wenn ich in Sprachen der Menschen und der Engel redete, aber keine Liebe hätte, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.
2 Und wenn ich Weissagung hätte und alle Geheimnisse wüßte und alle Erkenntnis, und wenn ich allen Glauben besäße, so daß ich Berge versetzte, aber keine Liebe hätte, so wäre ich nichts.
3 Und wenn ich alle meine Habe austeilte und meinen Leib hingäbe, damit ich verbrannt würde, aber keine Liebe hätte, so nützte es mir nichts!


Man kann also ein höchst aktives und tatenreiches Leben führen und es bedeutet doch nichts, weil man nicht in der Liebe steht. Nun haben wir gesagt, dass die Liebe auch eine Gnadengabe ist, die im Gegensatz zu den anderen Gaben eigentlich jeder haben sollte, der den Heiligen Geist besitzt, denn mit ihm wurde die Liebe Gottes ausgegossen in unser Herz. Die Frage ist, wie kann man denn dann gläubig sein und irgendetwas auch ohne Liebe tun? Die Antwort liegt darin, dass der Geist Gottes uns zu nichts zwingt, weder zur Ausübung der Gnadengaben, noch dazu, in der Liebe Gottes die Früchte des Geistes zu entwickeln. Beides, Gnadengaben und Geistesfrüchte stehen für uns bereit, aber wir müssen sie uns aneignen.

Während es also bei den Gaben um das Tun geht, betrachten wir hier das Sein eines Gläubigen in seinem ganzen möglichen Potential. Die Beschreibung der Liebe oder besser gesagt die Definition von Agape, liegt auf der Ebene des persönlichen Charakters des Gläubigen, den der Geist Gottes ausformen möchte. Hier geht es nicht mehr darum, die Gemeinschaft zu fordern, sondern hier ist jeder selbst im tiefsten Inneren seines Wesens gefordert, sich Rechenschaft abzulegen, wie es um seine innere Einstellung bestellt ist. Denn nur dann, wenn sich die Früchte des Geistes im Leben eines Gläubigen zeigen, ist auch gewährleistet, dass er seine Gnadengaben erfolgreich einsetzen wird.

Gliederung der Definition

Wenn wir uns die Gliederung der Definition der Liebe ansehen, dann fällt auf, dass Paulus 8 mal beschreibt, wie die Liebe nicht ist. Das ist der Kern. Davor stehen zwei Aussagen, wie die Liebe ist und danach vier Aussagen, wie die Liebe reagiert.

Was Liebe ist: (4) Die Liebe ist langmütig und gütig,

Was Liebe nicht ist: die Liebe beneidet nicht, die Liebe prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf; (5) sie ist nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu; (6) sie freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit;

Was Liebe ist: (7) sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.

Sehen wir uns die einzelnen Aussagen einmal an:

»Die Liebe ist langmütig und gütig.«

Diese erste Aussage über die Liebe ist meiner Meinung nach das, was offensichtlich ist. Wir haben ja alle doch ein Gespür dafür, was Liebe ist, selbst dann, wenn wir sie nicht selbst haben. Das liegt daran, dass in uns eine Ursehnsucht nach Liebe besteht und die ermöglicht es uns auch, Liebe zu identifizieren. Wenn wir nämlich einen liebenden Menschen erkennen, dann würden wir auch von ihm sagen, das ist eine freundliche Person. Genau dies wäre die alternative Übersetzung für gütig. Und wir würden auch sagen, diese Person ist geduldig, was dem Begriff Langmut entspricht. Freundlichkeit und Geduld, sind unabdingbar für eine liebevolle Ausstrahlung.

Die beiden gehören zusammen, beides zusammen erst zeichnet die Liebe aus. Jemand kann eine Eselsgeduld haben, aber er ist nicht freundlich, dann würden wir ihn auch nicht als liebevoll bezeichnen. Umgekehrt kann jemand sehr freundlich sein, aber die ihn kennen, wissen, dass sie ihn nicht strapazieren dürfen, denn dann ist seine Freundlichkeit zu Ende, weil ihm die Geduld fehlt. Ein liebevoller Mensch ist selbst dann noch freundlich, wenn er an¬ge¬griffen wird. Dies kann ihn nicht erschüttern, weil er Ge¬duld hat. Ein Beispiel für diese freundliche Geduld gibt uns Math. 18:23 35

Darum gleicht das Reich der Himmel einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. (24) Und als er anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn gebracht, der war 10000 Talente schuldig. (25) Weil er aber nicht bezahlen konnte, befahl sein Herr, ihn und seine Frau und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und so zu bezahlen. (26) Da warf sich der Knecht nieder, huldigte ihm und sprach: Herr, habe Geduld mit mir, so will ich dir alles bezahlen! (27) Da erbarmte sich der Herr über diesen Knecht, gab ihn frei und erließ ihm die Schuld.
(28) Als aber dieser Knecht hinausging, fand er einen Mitknecht, der war ihm 100 Denare schuldig; den ergriff er, würgte ihn und sprach: Bezahle mir, was du schuldig bist! (29) Da warf sich ihm sein Mitknecht zu Füßen, bat ihn und sprach: Habe Geduld mit mir, so will ich dir alles bezahlen! (30) Er aber wollte nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er bezahlt hätte, was er schuldig war. (31) Als aber seine Mitknechte sahen, was geschehen war, wurden sie sehr betrübt, kamen und berichteten ihrem Herrn den ganzen Vorfall.
(32) Da ließ sein Herr ihn kommen und sprach zu ihm: Du böser Knecht! Jene ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich batest; (33) solltest denn nicht auch du dich über deinen Mitknecht erbarmen, wie ich mich über dich erbarmt habe? (34) Und voll Zorn übergab ihn sein Herr den Folterknechten, bis er alles bezahlt hätte, was er ihm schuldig war. (35) So wird auch mein himmlischer Vater euch behandeln, wenn ihr nicht jeder seinem Bruder von Herzen seine Verfehlungen vergebt.


Vielleicht denkt sich jetzt einer, was hat denn dieser Text mit Liebe zu tun. Aber wir sprechen jetzt von einem Charakteristikum der Liebe, nämlich der Geduld. Es gefällt mir an dem Gleichnis Jesus, dass es gerade nicht diese Geduld als gegeben vorraussetzt. Es ist nicht selbstverständlich, dass Gott geduldig ist, obwohl er ein Gott der Liebe ist.
Jesus stellt Gott als einen König dar, der ein großes Reich zu verwalten hat. Das ist keine einfache Sache, da muss gerechnet werden und da müssen Schulden bezahlt werden. Wenn der König nicht darauf achtet, gerät sein Reich aus den Fugen. Deshalb zunächst einmal der Druck. Vielleicht bezahlt er ja doch, wenn ihm das Gefängnis angedroht wird. Jeder ist aufgerufen, seine Sachen in Ordnung zu halten, das gilt auch für das Reich Gottes.

Soweit so gut, doch dann stellt sich heraus, der Schuldner kann absolut nicht bezahlen. Und er ist klug genug, dies dem König auf eindeutige Weise kundzutun. Er wirft sich auf das Angesicht und bittet um Geduld, er verspricht seine Schuld zu bezahlen, sobald er kann. Als der König sieht, dass der arme Mann wirklich nichts hat, erbarmt er sich über ihn und verzichtet auf die Schuld, denn er weiß, dass er sie niemals zurückzahlen wird können. Das ist Gott: er ist geduldig und freundlich und dies führt ihn dazu, barmherzig mit seinen Schuldnern zu sein.

Aber dann nimmt die Geschichte eine Wende. Denn der ehemalige Schuldner beweist seinerseits, dass er diese Eigenschaften nicht besitzt und sie auch nicht annehmen will. Er wirft einen seiner Schuldner in das Gefängnis. Vielleicht ist er innerlich noch wütend darüber, dass er sich so hat demütigen müssen. Wenn seine Schuldner ihm alles gezahlt hätten, wäre das vielleicht nicht notwendig gewesen. Jedenfalls reagierte er völlig konträr zu dem was er eben erlebt hatte.

Das ist ungerecht. Denn wenn Freundlichkeit und Geduld sich bewähren sollen im Reich Gottes, dann müssen diese Tugenden von allen getragen werden. Der König weiß, dass das nicht geht, wenn er vergibt, dann müssen auch seine Untertanen gegenseitig vergeben, sonst gefährdet er die Balance des Frieden in seinem Reich.

So sehen wir, dass Gott geduldig und freundlich ist. Aber wir sehen auch, dass sich diese Geduld nicht in die Ewigkeit hinein erstreckt. Das soll uns zu denken geben. Wir meinen manchmal, Liebe und insbesondere die Liebe Gottes sei verpflichtet, sich immer wieder auf das Neue der Ungerechtigkeit zu unterwerfen. Das wird nicht geschehen. Auch wenn Gottes Geduld noch so lange währt, eines Tages hat sie ein Ende und dann folgt der Zorn Gottes. Letztendlich wird sich die Liebe erst in der Ewigkeit ungehindert und gänzlich ausbreiten können, wenn alle jene weg sind, die diese Liebe abgelehnt haben. Darum ist in dieser Zeit, in der wir jetzt leben Geduld besonders wichtig. In Römer 9:22 heißt es, dass »…Gott, da er seinen Zorn erweisen und seine Macht offenbar machen wollte, mit großer Langmut die Gefäße des Zorns getragen hat, die zum Verderben zugerichtet sind…« Wenn nun Gott das so lange macht, dann haben wir das auch zu tun, das ist ein wesentlicher Bestandteil des Evangeliums. In der Ewigkeit wird die Geduld nicht mehr so von Bedeutung sein, denn da ist die Schuldfrage ein für alle mal geklärt und niemand wird mehr jemanden was schuldig sein.

Was Liebe nicht ist

Wir werden nun an dem, was Paulus beschreibt, was die Liebe nicht ist, sehen, wie wichtig es ist, Geduld nicht als etwas Absolutes, die Ewigkeit überdauerndes darzustellen, sondern als etwas was für diese Zeit sehr wichtig und bedeutend ist.

die Liebe beneidet nicht, die Liebe prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf; 5 sie ist nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu; 6 sie freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; Denn alle diese Dinge, die nun aufgezählt werden, der Neid, die Prahlerei, das Anstößige, das Egoistische, Hass und Bitterkeit, die Feindschaft, die Ungerechtigkeit, alles das sind reale Dinge, die in der Liebe zwar nicht enthalten sind, aber mit denen sie tagtäglich konfrontiert wird. Tatsächlich könnten wir darin gar keinen Sinn sehen, wenn wir nicht wüssten, dass dieser Kampf eines Tages zu Ende geht. Die Liebe wäre ja ewig auf der Verliererseite und tatsächlich erscheint es uns auch oft so und es ist schon verständlich, dass viele Menschen, die nicht an das Reich Gottes glauben, dieses Konzept der Liebe ganz aufgegeben haben, es scheint sich nicht auszuzahlen.

Aber wir dürfen das nicht. Wenn wir an Jesus und das Entstehen seines Reiches glauben, müssen wir uns bewusst auf die Seite der Liebe stellen und das heißt eben, dass wir einerseits nichts mit diesen Dingen zu schaffen haben, sie aber andererseits in göttlicher Geduld ertragen, bis eine neue Zeit anbricht.

Ich möchte Euch gerne die Auslegung von John Mc. Arthur zu 1. Kor. 13 ans Herz legen. Er beschreibt sehr ausführlich jeden einzelnen Begriff in diesem Vers, wie wir das leider aus Zeitmangel hier nicht machen können. Stellvertretend für alle Begriffe möchte ich hier anführen, was er über den Neid schreibt:
Zitat »Neid ist keine mittelmäßige oder harmlose Sünde. Es war Evas Neid auf Gott, ausgelöst durch ihren Stolz, den Satan erfolgreich ansprach. Sie wollte sein wie Gott, haben, was er hat, und wissen, was er weiß. Neid war ein wesentlicher Bestandteil dieser ersten Sünde, aus der alle anderen Sünden hervorgingen. Die nächste Sünde, die in 1. Mose genannt wird, ist Mord, ausgelöst durch Kains Neid auf Abel. Josephs Brüder verkauften ihn aus Neid in die Sklaverei. Daniel wurde in die Löwengrube geworfen, weil seine Beamtenkollegen in Babylon neidisch auf ihn waren. Neid brachte den älteren Bruder des verlorenen Sohnes dazu, sich über das wohlwollende Verhalten des Vaters gegenüber dem verschwenderischen Bruder zu ärgern. Es gibt noch viel mehr biblische Illustrationen dafür.«
Ja, die Bibel ist wirklich ein Bilderbuch und gerade in diesem Sinne kann niemand der gläubig ist sagen, dass er nicht wusste, was Liebe ist und was nicht.

Wir wollen uns aber zum Schluss noch mit dem letzten Vers beschäftigen, der wieder in positiver Weise beschreibt, was Liebe ist, oder sagen wir besser: wie Liebe reagiert.

Die Liebe erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.

Nun ist ja das Böse auf der Welt und die Frage ist immer wieder, wie überwindet die Liebe das Böse tatsächlich? Ich sage Euch mal, was ich beobachtet habe, wie ich leider Gottes manche Gläubige agieren sehe: sie sind empfindlich, leicht beleidigt, misstrauisch, immer bereit hinter allem einen Angriff des Teufels zu vermuten und können nichts aushalten, sie ziehen sich zurück und sehnen sich nur mehr nach der Zeit in der Ewigkeit.

Das hat aber leider mit Liebe gar nichts zu tun. Wie sollen wir da unseren Auftrag ausführen können, wenn wir so reagieren. Freilich ist es traurig, dass das Reich Gottes noch nicht seine Herrschaft angetreten hat und Jesus noch nicht wieder gekommen ist, aber das heißt nicht, dass uns das irgendwie zur Ausrede werden darf. Jesus hat selber gelitten. Er hat alles ertragen, was ihm an Sünde und Elend begegnete und denken wir nicht, dass es für ihn leichter gewesen wäre. Er hatte sicher als Sohn Gottes eine höhere Sensibilität als wir für die Ungerechtigkeit, mit der er täglich konfrontiert wurde. Ist er daran verzweifelt? Nein!

Er hat alles geglaubt, auch dass er seinen Auftrag ausführen kann und die Menschen retten wird. Deshalb war er bereit alles auf sich zu nehmen. Er glaubte dem Vater der ihm den Befehl gab und dem Geist, der ihn führte.

Jesus hat alles erhofft und das war nicht selbstverständlich. Wenn wir in den Evangelien gelesen haben, wie widerspenstig selbst seine von ihm erwählten Apostel waren, da fragt man sich schon, wie hat er diese drei Jahre nur überstanden? Wie haben doch auch sie gezweifelt und sind an ihm verzweifelt. Wie unmöglich war es doch für ihn, ihnen zu erklären, dass er Jerusalem nicht in einem Triumphzug erretten wird, sondern die ganze Welt, durch seinen Tod am Kreuz, wie es von den Propheten vorausgesagt worden war. Sie verstanden es nicht. Und als sie es einsehen mussten, weil die Fakten sie überrollten, da zogen sie sich von ihm zurück und nicht nur Judas verriet ihn, sondern auch Petrus. Aber Jesus hat die Hoffnung für diesen Petrus nie aufgegeben und hat ihm, nachdem er auferstanden war, sogar die ganze Herde anvertraut. (siehe Predigt:Die Bekehrung des Petrus)

Jesus hatte alles erduldet und als seine Jünger seinen Heiligen Geist empfangen hatten, da wussten sie durch sein Beispiel, was Liebe ist und wie Liebe reagiert auf das Böse in dieser Welt. Millionen von Menschen haben seitdem den Sieg der Liebe gefeiert und am Ende werden es wohl Milliarden sein, der Prophet Johannes spricht von einer unzählbaren Schar, die sich hier einordnen lässt.

Natascha, ein Beispiel für viele

Eine aus dieser Schar wird Natascha heißen. Mit ihrer Geschichte will ich schließen. Der ehemaliger KGB Agent Sergei Kourdakov aus Russland hat darüber ein Buch geschrieben, mit dem Titel: »Vergib mir Natascha«. Darin beschreibt er, wie er als Weisenkind, nie Liebe erfahrend, von der kommunistischen Partei erzogen worden war. Sein Weg war bereits vorgezeichnet. Schon sehr früh wurde er vom KGB rekrutiert und er gehörte als junger Mann einer Schlägertruppe an, die nur eine Aufgabe hatte, nämlich die christlichen Versammlungen der Evangeliumschristen zu sprengen. Anfangs war es für ihn ein Vergnügen. Doch dann erlebte er, wie diese junge Frau Natascha ganz ohne Verbitterung immer wieder die Schläge über sich ergehen ließ und kein böses Wort für ihn hatte. Immer wieder trafen sich diese Christen trotz allen Schikanen und ihr passiver Widerstand beeindruckte ihn mehr und mehr. Dann begann er die beschlagnahmten Schriften zu lesen, darunter natürlich auch die Bibel. Als er, bereits versetzt auf ein Schiff, wieder mehr Zeit hatte zu lesen, reifte in ihm der Entschluss: er wollte den gleichen Glauben haben und die Liebe suchen, die er in den Augen Nataschas gesehen hatte! Er machte sich einen wasserdichten Gürtel aus Gummi, damit die christlichen Schriften nicht nass würden die er mitnehmen wollte, und sprang ins eiskalte Wasser, um zu desertieren. Er wurde schließlich gläubig und fand noch was er gesucht hatte. Aber er lebte nicht mehr lange, sondern wurde 1973, nachdem er sein Buch geschrieben hatte, vom KGB ermordet.

Geschwister, hätten wir diese Kraft, wenn uns morgen die Verfolgung wieder treffen würde? Wenn ich sehe, wie kleinlich und empfindlich wir miteinander umgehen, in Zeiten wo alles ruhig und friedlich ist, da wollen in mir die Zweifel hochkommen. Aber ich darf nicht zweifeln, nicht an Jesus und nicht an Euch. Ich muss glauben, dass wir es schaffen werden, auch dahin zu kommen, dass wir die Aufgaben Gottes erfüllen können, die er uns stellen wird, auch in schwereren Zeiten.

Denn auch ich bin auf die Liebe verpflichtet und möchte, wenn es um Euch geht: alles ertragen, alles glauben, alles hoffen, alles erdulden. Gott schenke mir die Kraft dazu. Amen!