5. Hoffnung und Herrlichkeit der Kinder Gottes (Rö 8:18-39)

In der letzten Predigt der Serie »Christus unser Charisma«, geht es um die letztendliche Hoffnung, die jeder hat, der auf Christus vertraut. Wir sind mit hinein genommen in einen Weltlauf, der noch nicht das Reich Gottes offenbart. Bis zur Wiederkunft Christi bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe. Auch wenn die Liebe das Größte ist, dürfen wir die Hoffnung nicht vergessen, denn ohne Hoffnung ist jedes Leiden unerträglich.

 

Wir kommen heute zur letzten Predigt meiner Serie über die zentralen Kapitel des Römerbriefes: 5-8. Es geht um Kap. 8:18-39. Wir haben ja gesehen, dass Paulus in Kapitel 8:1-17 das geistliche Leben eines Gläubigen beschreibt. Dabei macht er deutlich, dass sich dieses von dem alten, dem fleischlichen Leben unterscheidet. Wir sind Gottes Kinder und als solche sollten wir auch erkannt werden. Das kann aber nur geschehen, wenn wir uns vom Geist Gottes leiten lassen und nicht von der Triebhaftigkeit unseres Leibes.

Nun leben wir aber immer noch in einer Welt, die ganz auf den Ansprüchen des Leibes aufbaut. Es ist eine Illusion, zu meinen, wir leben ja in einem christlichen Land – man spricht auch gerne vom christlichen Abendland oder christlichen Westen und dass hier traditionell in der Ausgestaltung des gesellschaftlichen Lebens auf ethische Werte und moralisch geistliche Prinzipien Rücksicht genommen wird. Wenn das überhaupt jemals der Fall war, dann ist es ganz sicher jetzt schon lange nicht mehr so. Nach meinem geschichtlichen Verständnis aber war das Abendland ohnehin nie wirklich christlich. Alles was die christlichen Kirchen hervorgebracht haben war bloßer Schein. Natürlich kamen viele Menschen durch die Jahrhunderte hindurch zum Glauben und wurden gerettet. Aber auch sie haben in jeder Generation den gleichen Kampf erfahren, nämlich den Kampf gegen das Eindringen des Weltlichen in das geistliche Leben. Denn die Kirchen dienten nicht Christus, sondern der gesellschaftlichen Kultur der Länder in denen sie sich befanden. Die Bauten, die Kunst und die Beteiligung an Machtstrukturen waren stets wichtiger als der einzelne Gläubige mit seinem geistlichen Leben. Der war meistens in ein traditionelles Korsett gezwängt, das einen christlichen Schein hatte, während die Kraft Gottes beharrlich verleugnet wurde. Zwar gab es immer auch die Versammlung der Gläubigen, also derer die Christus ernst genommen haben und ihm nachfolgen wollten – das was die Bibel unter Gemeinde (griech. Ecclesia) versteht – aber das war nicht deckungsgleich mit Kirche. Bestenfalls war Gemeinde ein Teil der Kirche, oft genug aber fand sie sich auch außerhalb von ihr wieder und wurde gelegentlich sogar von dieser verfolgt. Diese Gemeinde der Heiligen muss als ein Geheimnis betrachtet werden, das sich nur dem wirklich Wiedergeborenen erschließt. Die anderen sogenannten Christen, ganz gleich, wie und von wem sie getauft wurden, werden nur Kirche erleben, wenn sie die Worte des Apostel Paulus vom geistlichen Leben nicht ernst nehmen.

Auch wir als Mennoniten sind davor nicht gefeit. In der Kirche gab es genauso wie im Heidentum immer einen Hang zum fleischlichen. Das Geistliche wurde immer schon zelebriert und in traditionelle Formen gefasst, damit es nicht irgendwie das normale Leben stört, und damit war es schon nicht mehr geistlich, sondern fleischlich mit einem geistlichen Anschein.

Der Kampf gegen das alles, war seit jeher die Problematik der Gläubigen. Nicht nur in uns selber bemerken wir immer noch den alten adamitischen Hang zu Sünde und Ungerechtigkeit, auch von außen werden uns Zugeständnisse abverlangt, die eigentlich nichts als faule Kompromisse sind. Wenn wir uns mit einem formalen Christentum zufriedengeben, einem Christentum der Traditionen, dann haben wir eh keine Probleme, wenn wir aber von uns selbst und von anderen die sich Gläubige nennen, fordern was der Geist und das Wort uns sagt, dann werden wir leiden.

Mit diesem Gedanken des Leidens um Christi willen endete meine letzte Predigt (8:17): »Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.«
Mit Christus leiden ist ein Gedanke, der in den letzten 20 Jahren völlig in den Hintergrund getreten ist. Viele leben in dem Wahn, dass wir nur dann ein geistliches Leben führen, wenn uns alles locker von der Hand geht und es keiner Anstrengungen bedarf Christus nachzufolgen. Nach dem Ideal mancher Verkündiger scheint Christ sein zu einer coolen Sache geworden zu sein. Du stehst irgendwie über den Dingen, was kümmert Dich der Staub der Welt. Doch die Schrift sagt uns etwas anderes. Leiden um Christi willen ist unverzichtbar. Noch einen Vers möchte ich vom letzten mal wiederholen, ehe wir uns dann dem neuen Text zuwenden (8:13): »Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben müssen; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Fleisches tötet, so werdet ihr leben.« Wie sieht das aus? Hast Du seit dem letzten mal darüber nachgedacht, was das konkret für Deine Situation bedeutet, die Werke des Fleisches zu töten? Welches Leid stand Dir da ins Haus, als Du das versucht hast und welches Leid trägst Du immer noch daran?

Nicht dass dieses Leid mit dem unseres Herrn Jesus zu vergleichen wäre. Er starb für unsere Sünden, die Strafe liegt auf ihm, damit wir Frieden hätten. Aber wir sind mit ihm gestorben und das ist allemal auch für uns ein Leiden, das wir real erleben können, wenn wir Christus wirklich nachfolgen. Denn so leicht haben wir uns doch von der Sünde nicht gelöst, wenn wir überhaupt am Beginn unseres geistlichen Lebens schon in der Lage waren zu erkennen, was der Begriff Sünde alles in sich birgt. Ich weiß nicht, wie es Euch ergangen ist, aber ich habe gerungen um jede einzelne Sünde die ich loslassen musste und nicht immer ist es mir auf Anhieb gelungen. Aber Gott sei Dank, in dem Maße, wie ich von ihr gelassen habe, ist in mir die Hoffnung der Herrlichkeit gewachsen, als ein realer und vollwertiger Ersatz dafür. Es ist als hätte ich meine alte Identität Stück für Stück verloren und dafür Stück um Stück eine neue bekommen. Nicht dass ich davon vom Anfang an keine Kenntnis gehabt habe, ich wusste immer schon, dass ich als Christ anders leben muss als die Welt, aber was es für mich bedeutet, das wurde mir erst nach und nach klar. Mein Fleisch hat sich nach Kräften dagegen gewehrt und es bedeutete Leid für mich. Ich bin mit Christus gekreuzigt, ja, aber ich hatte auch meine Leidenschaften selbst unter das Kreuz zu bringen. Ich musste mir die Hand abhacken und das Auge ausreißen, weil sie mich zur Sünde verführten. So war das und ist es manchmal auch heute noch.

Da der Mensch ein sehr komplexes Wesen ist, würde es jetzt nicht viel nützen, wenn ich hier meine persönlichen Kämpfe im Detail schildern würde. Deine sehen ganz anders aus, denn Du bist ein anderer Mensch als ich. Vielleicht ist es Euch schon aufgefallen, dass wir jeder an einer anderen Stelle im besonderen Maße versuchbar sind. Deshalb ist Seelsorge ja auch eine so schwierige Sache. Man kann schon helfen, aber meine Patentratschläge zu Themen, die für mich vielleicht nie groß ein Thema waren, könnten auch völlig falsch verstanden werden. Darum braucht Seelsorge das Gespräch und ist nicht eine Sache der Verkündigung von der Kanzel. Trotzdem gehe ich davon aus, dass Du nicht weniger zu leiden hast als ich, wenn Du tatsächlich zu seiner Herrlichkeit durchdringen willst. Und was wir brauchen im geistlichen Kampf ist vielmehr die Ermutigung und die Vermittlung von Hoffnung, als ständig die Finger auf Wunde zu legen. Deshalb beendet Paulus diesen Abschnitt auch mit diesem Thema, dem wir uns nun zuwenden wollen. (8:18 24):
(18) Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. (19) Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. (20) Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit - ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat -, doch auf Hoffnung; (21) denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. (22) Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet. (23) Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes. (24) Denn wir sind zwar gerettet, doch auf Hoffnung. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht?

Es geht also nicht um das Leiden um des Leidens willen, sondern um der dafür zu erwartenden Herrlichkeit willen. Ein Leistungssportler plagt sich ja auch nicht ab, weil er ein Masochist ist und sich so gerne quält, sondern weil er sich eine Herrlichkeit erobern will, nämlich den Ruhm des Sieges – eine Medaille die ihm für alle Zeiten bestätigt, dass er der beste ist. So stellt das Paulus ja auch im Korintherbrief dar: (1. Kor. 9:25) »Jeder aber, der kämpft, ist enthaltsam in allem; jene freilich, damit sie einen vergänglichen Siegeskranz empfangen, wir aber einen unvergänglichen.«

Christus litt und wir leiden mit ihm, um einer Ewigen Herrlichkeit willen, die an uns offenbar werden soll. Aber nicht nur an uns, und das ist das Überraschende und Wunderbare in diesem Text, auch an der ganzen Schöpfung soll diese Herrlichkeit offenbar werden. Die Hoffnung von der Paulus hier spricht ist nicht nur eine himmlische, sondern auch eine irdische. Zwar nicht bezogen auf diese Zeit, denn wir haben ja gelesen, dass die Kreatur wartet, auf eine andere Zeit, in der die Kinder Gottes offenbar werden sollen. Aber diese Zeit kommt und sie kommt für die ganze Erde. Jesus wird wiederkommen und diese Welt regieren und dann wird jeder Kampf der Vergangenheit angehören und wird sich die Schöpfung in einer Herrlichkeit entfalten, die für uns heute kaum vorstellbar ist. Eine ewige Siegesfeier erwartet uns. Werden wir dabei sein?

Alles Leid, dass wir heute auf der Erde sehen, nicht nur unseres, auch das der ganzen Welt, wird einmal ein Ende haben. Tod, Krankheit, Naturkatastrophen, Wüstenbildungen, Wasserverschmutzungen, das verschwinden von Tierarten, das alles wird es nicht mehr geben, denn die ganze Schöpfung wird in die Erlösung mit einbezogen werden, das ist das was da steht. Aber es wird dies vor allem das Offenbarwerden der Kinder Gottes sein. Denn nicht nur Jesus kommt wieder, seine Heiligen werden mit ihm kommen und die Erde in Besitz nehmen. Daran wird die Welt genesen, und nicht an irgendeiner Nation. Der deutsche Dichter Immanuel Geibel (1815-1884) hat in seinem Gedicht: »Deutschlands Beruf« sehr wesentlich zum späteren Wahn der Nationalsozialisten beigetragen, sie könnten die Welt retten, indem er darin behauptet hat: »Am deutschen Wesen mag die Welt genesen.« Das entsetzliche Blutbad beider Weltkriege war das Ergebnis dieses Wahns.

Aber die Hoffnung auf eine Genesung der Welt, die gibt es ja. Die ist der Bibel entnommen. Nicht zuletzt auch deshalb wurde das deutsche Reich das tausendjährige genannt, weil man bewusst an die Prophezeiung in der Offenbarung des Johannes anknüpfen wollte, von einem Reich, in dem der Messias herrscht und der Teufel gebunden ist und die Welt nicht mehr verführen kann. Dieses Reich, in Friede und Gerechtigkeit, wie es dieser Planet noch nie erlebt hat ist die Hoffnung der Schöpfung. Das ganze Universum wird seinen Sinn von diesem Ereignis her ableiten. Aber nichts und niemand wird es in Gang setzen, denn es ist das Reich des mit seinen Heiligen wiederkommenden Christus. Das ist keine Hoffnung, die sich in unserer Zeit erfüllen wird. Kein Christ wird sie erleben, ehe er gestorben – oder, wie Paulus sagt, bei der Ankunft Christi entrückt worden ist. Soll sie uns deshalb egal sein? Niemals, denn diese Hoffnung macht uns ja stark, wenn wir sie in uns halten. Ohne Hoffnung ist es gar nicht möglich um Christi willen zu leiden, deshalb muss sie lebendig bleiben.

Jetzt kommt uns doch mancher Seufzer über die Lippen, denn der Kampf ist hart. Wir haben zwar den Geist Gottes, aber es ist des Geistes Erstlingsgabe sagt Paulus hier (8:23). Wir sind zwar Kinder Gottes, aber dennoch sehnen wir uns in dieser Kindschaft nach der vollen Erlösung des Leibes, die wir nicht haben. Lass Dir von niemanden einreden, dass Du diese jetzt schon haben kannst, das ist eine Lüge. Wir sind und bleiben der Vergänglichkeit unterworfen, aber auf Hoffnung hin, nämlich der Hoffnung die in der Wiederkunft Jesu liegt. Wenn wir hier schon ewige Herrlichkeit erleben würden, wo wäre dann die Hoffnung? Nein, wir erleben sie nicht, aber in der Erstlingsgabe erleben wir vieles, was diese Hoffnung immer wieder neu begründet. Diese Hoffnung soll und muss in Dir geweckt werden, durch eine geistliche Herrlichkeit, die wir allerdings hier und jetzt schon haben können, während wir auf die leibliche noch warten. Darin bestätigen wir das Wort Gottes und so soll es auch sein.

Natürlich ist solches Warten nicht angenehm. Wer wartet schon gerne. Wir haben ja keine Geduld, auch das ist so ein fleischlicher Zug von uns, dass wir immer ungeduldig sind. Ob wir im Stau stehen, oder irgendwo auf etwas anderes warten müssen, immer rebellieren wir innerlich. Doch im geistlichen Leben ist die Geduld gefragt. Die Zeit nimmt ihren Lauf und sie unterwirft sich nicht meinen Wünschen und Vorstellungen. So wird die Zeit des Wartens zur Zeit des Segens, denn wir haben ja eine Helfer wie wir weiter lesen:
(25) Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld. (26) Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich‘s gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen. (27) Der aber die Herzen erforscht, der weiß, worauf der Sinn des Geistes gerichtet ist; denn er vertritt die Heiligen, wie es Gott gefällt.

Warten und Geduld zu haben auf etwas, von dem wir gar nicht wissen, wie lange es wirklich dauert, das ist an sich schon Stärke. Diese Stärke haben wir nicht in uns selbst, aber wir haben sie im Heiligen Geist. Denn der Geist hilft unserer »Schwachheit«. Dieses Wort ist sehr allgemein. Im griechischen (astheneia) ist damit alles mögliche gemeint: körperliche wie geistliche Schwäche, Mangel an Lebensenergie, Instabilität. Was immer wir an Schwachheiten kennen, können wir da mit hineinnehmen und sagen: der Geist hilft uns in unserer Schwachheit. Ist das nicht wunderbar? Wenn ihr mal das Wunder erlebt habt, dass ein kranker Mensch auf Gott vertraut und im Heiligen Geist so stark ist, sodass er nicht mit seinem Schicksal hadert, sondern trotzdem ein fröhliches Gotteskind ist – wenn ihr so ein Wunder erlebt habt, dann braucht ihr kein anderes mehr zu sehen. Ist das nicht genug Gnade, in einer Welt die den Tod ja ohnehin nicht besiegen kann? Wir wissen, dass es für uns genug Gnade gibt, in jeglicher Situation zu leben und Gott zu dienen. Paulus bekennt das so in Phil. 4:12-13: »Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; mir ist alles und jedes vertraut: beides, satt sein und hungern, beides, Überfluss haben und Mangel leiden; (13) ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.« Und damit meint er nicht, dass er jede Situation seines Lebens mit einer Wunderwirkung meistert. Paulus durfte so manches zeichenhafte Wunder zur Unterstützung seiner Verkündigung wirken. Er heilte auch viele Kranke, aber für sich selbst war das nicht gedacht. Er litt unter Krankheiten und Schwäche wie wir und musste lernen, auch mit wenig auszukommen. Wie kam das zustande, dass ein Mann wie Paulus, der ja von seiner Herkunft eher nicht gewohnt war, Mangel zu leiden, dies lernte?

Hierin liegt die Bedeutung des Gebets, wie wir in unserem Text sehen. Ohne Gebet gibt es keine Gnade! Aber es ist nicht das kraftvolle Gebet, das uns hilft, sondern im Gegenteil, es ist das schwache Gebet, das Gott als Opfer annimmt und etwas daraus macht. Ich habe mich nie als großen Beter gesehen. Ich habe Menschen kennen gelernt, die ich dafür bewunderte, dass sie das waren. Meine Sache ist es nicht, vielleicht kommt das ja noch einmal in meinem Leben. Aber ich weiß auch eines, dass ich kein großer Beter sein muss, wenn mich Gott nicht dazu beruft. Aber beten muss ich und ich tue es auch, wenn auch in Schwachheit. Der Geist aber macht den Rest, wenn ich es ehrlich meine, davon bin ich überzeugt. Ich habe erlebt, dass Gott mich daran erinnern musste, dass er mein Gebet erhört hat. Da hat sich irgendetwas in meinem Sinne entwickelt und ich freute mich darüber, war dankbar und dann lenkte Gott meine Gedanken in die Vergangenheit und ich erkannte, dass ich ja dafür gebetet habe. Es war keine große Sache. Ich bin nicht auf die Knie gegangen und habe mit vielen Worten unter Lob und Anbetung gefleht und gebeten, wie ich es vielleicht auch hätte tun können und vielleicht auch hätte sollen. Aber ich war zu schwach, was mir entfuhr war nur ein müder Seufzer und doch hat Gott es erhört. Der Geist hat diesen Seufzer zum Vater getragen und in die richtige Sprache des Herzens übersetzt. Denn wichtiger als dass ich die rechten Worte finde ist, dass ich ein aufrichtiges Herz habe, dann wird nichts von dem was ich in seinem Namen wünsche und bitte, vergeblich gebeten sein.

So gesehen ist beten ein Mysterium, das wir nie ganz durchschauen können und auch nicht müssen. Denn es ist keine Leistung, die wir Gott zu erbringen haben. Beten ist eine Notwendigkeit für unser geistliches Leben wie es das Atmen für unser natürliches Leben ist. Wenn wir Atmen, wissen wir dass wir physisch leben. Wenn wir beten, wissen wir dass wir geistlich leben. Löst Gebet alle unsere Probleme? Nein, das tut es nicht. Aber wenn wir das berücksichten was nun gesagt wird, dann ist das nicht so schlimm, denn in Wirklichkeit haben Gottes Kinder eigentlich gar keine Probleme, wenn das stimmt was da weiter steht (8:28-30):
(28) Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. (29) Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. (30) Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; die er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht.

Wenn das so ist, dann stellt sich die Frage, warum wir überhaupt beten, wenn doch alles in unserem Leben vorherbestimmt ist und sich ohnehin alles zu unserem Besten entwickelt? Wie gesagt, das Beten ist für uns das geistliche Atmen, wenn wir aufhören zu atmen, erstickt unser leibliches Leben, wenn wir aufhören zu beten, erstickt unser geistliches Leben. Aber für viele ist dieses Thema der Erwählung ein großes Problem. Hier stoßen wir mit unserem Verstand an unsere Grenzen. Ich kann auch nicht sagen, dass ich das gut verstehe, aber ich verstehe auch die Dreieinigkeit nicht gut und glaube trotzdem an sie, weil sie so sehr in der Bibel verankert ist. Auch die sogenannte Prädestinationslehre ist eine biblische Lehre. In ihr ist aber beides enthalten: nämlich dass Gott uns erwählt hat und alles weiß und für uns alles nötige tut, noch bevor wir ihn darum bitten, aber auch, dass wir bitten sollen und dass wir eine Verantwortung haben, uns in allem so zu entscheiden, wie Gott es von uns haben will. Die Bibel will uns also mit dieser Lehre der Erwählung und Vorherbestimmung die Verantwortung nicht nehmen. Ich denke das ist auch in der ganzen Predigtreihe über Römer 5-9 deutlich geworden. Wir Menschen müssen Entscheidungen treffen, die gut und richtig sind. Wir können auch böse sein, aber es ist unsere Entscheidung, ob wir das eine oder das andere tun, ob wir so oder so sind, und entsprechend unserer Entscheidung müssen wir mit Konsequenzen rechnen: gute für Gutes und böse für Böses.
Andererseits aber will uns die Bibel Mut machen, auf die ganze Größe Gottes zu vertrauen und das heißt eben auch, dass ER der Herr von Zeit und Raum ist. ER weiß, was uns betrifft, »alle Haare unseres Hauptes sind gezählt«, so hat Jesus es ausgedrückt. Und der König David sagte in Psalm 139:6: »Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war.«

Das glaubte David und aus diesem Glauben bezog er seine Kraft für seine Berufung. Jeder Gläubige aber darf das ebenso sagen, auch wenn seine Berufung eine ganz andere ist. Was ist es denn, worauf es ankommt? Dass sich Gottes Wille in unserem Leben erfüllt und dieser Wille ist, dass er sich letztendlich in uns verherrlicht! Darauf aber dürfen wir ganz bauen. Dass Gott sich in uns verherrlicht ist für uns nichts Schlechtes, sondern etwas Großartiges, selbst dann, wenn es mit Leid Mühe und Verzicht verbunden ist. Wie Gott sich in uns verherrlicht, das liegt aber in seiner Hand. Er ist der Töpfer, wir sind der Ton, dass er sich nur verherrlicht, das ist wichtig, und er tut es.

Für David war mit diesem Wissen ja die Verantwortung auch nicht überflüssig geworden. Wir wissen, dass er nicht alles richtig gemacht hatte in seinem Leben. Gott hat ihn sogar für seine Fehler regelrecht zur Rechenschaft gezogen und bestraft. David litt auch unter den Fehlern anderer, zum Beispiel wegen Saul – das konnte er nicht vermeiden, da musste er durch – aber er litt auch wegen eigener Fehler, zum Beispiel wegen seines Ehebruchs mit Bathseba. Was er in Folge seines Ehebruchs erlitt, hätte er vermeiden können, tat es aber nicht und musste die Konsequenzen tragen. Was aber ist das wunderbare an David? Dass sich auf das Ganze gesehen Gott in seinem Leben verherrlichte, auch seine Fehler konnten das nicht verhindern. Ist das nicht großartig? David war ein Mann nach dem Herzen Gottes, heißt es, und Gott ließ es nicht zu dass auch nur ein Blatt Papier sich zwischen ihn und David schieben konnte. Das gilt auch für uns, wie Paulus uns weiter sagt (8:31-39):
(31) Was wollen wir nun hierzu sagen? Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? (32) Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? (33) Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. (34) Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt. (35) Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? (36) Wie geschrieben steht (Psalm 44,23): »Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.« (37) Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. (38) Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, (39) weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.

Hier wird es ganz deutlich gesagt, warum Gott uns nicht wieder fallen lässt. Es hat ihn zu viel gekostet, und was teuer war, das ist wertvoll – das wirft man danach nicht einfach weg. Wenn Du zu Christus gekommen bist um mit ihm zu leben, dann bist Du der Preis für seinen Tod, wie alle anderen Gläubigen auch. Niemals wird er dich aufgeben, du bist im Preis inkludiert und der war hoch, sehr hoch, so hoch wie der Tod eines Gottes nur sein kann. Das andere ist eine reine Glaubenssache. Wie sehr glaube ich an Gott, dass er mich durch alle Widerwärtigkeiten des Lebens leiten kann? Es geht nicht darum, ohne Leid zu leben, das werden wir in der Ewigkeit. Hier auf Erden gibt es immer was zu leiden, es geht aber darum, im Leiden nicht unterzugehen und die Hoffnung nicht sterben zu lassen. Wir werden dort ankommen, wo Gottes Liebe uns haben will und daran dürfen wir festhalten, das ist die Hoffnung der Kinder Gottes.

Und doch können wir auch Leid vermeiden. In 1. Petr. 4:15-16 sagt Petrus: »Niemand aber unter euch leide als ein Mörder oder Dieb oder Übeltäter oder als einer, der in ein fremdes Amt greift. Leidet er aber als ein Christ, so schäme er sich nicht, sondern ehre Gott mit diesem Namen.« Wir können also durchaus Leid vermeiden, wenn wir Sünde vermeiden. Aber auch Sündlosigkeit, so sie bei uns möglich wäre, würde nicht verhindern könne, dass wir doch auch einmal leiden müssen, denn Christus war sündlos und musste auch leiden. Es liegt also an unserer Klugheit, ob wir mit dem für uns notwendigen Leid auskommen, oder ob wir durch Sünde unser Leid unnötigerweise noch vergrößern.

Wie immer auch es um uns steht, wenn wir Gottes Kinder sind, werden wir werden auf jeden Fall siegen und leben. Die Herrlichkeit wird sich in unserem Leben durchsetzen und in der Ewigkeit wird das Thema Leid ein für allemal erledigt sein. Das ist die Botschaft die wir heute in diesem Text gefunden haben.

Gott schenke Euch, dass Ihr in Eurem Leben weise handelt und die Sünde meidet, damit Euch die Hoffnung trägt, bis zum glücklichen Ende.

Amen!